Morpheus aus dem Film Matrix bietet Neo zu Beginn zwei Pillen an: die blaue entlässt ihn zurück in sein altes Leben, in die Bequemlichkeit, in die Gewohnheit. Die rote ist der Beginn eines Trainingsprogramms, das ihn von der Matrix abkoppelt, ihn zu immer tiefgreifenderen Erkenntnissen über die Wirklichkeit führt. Diese Erkenntnisse sind nicht einfach, bringen Enttäuschungen aber auch viele neue Erfahrungen mit sich.
Wenn ihr wählen könntet: welche würdet ihr nehmen?
Und weiter gefragt: gibt es Indizien dafür, dass die Realität das ist, als was sie scheint? Gibt es eine halbwegs objektive Erkenntnis oder ist es legitim, wenn sich jeder seine eigene Realität zusammen bastelt? Welche Folgen, ganz konkret, könnte das im täglichen Zusammenleben haben?
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Kommentieren →’sapere aude‘ sagt Immanuel Kant – man soll den Mut haben, sich seiner Verstandes zu bemächtigen.
Ob Neo wohl glücklicher gewesen wäre die blaue Pille zu nehmen? Man weiß es nicht, es bringt nichts über Entschiedenes zu spekulieren. Auf jeden Fall wäre sein Leben wohl langweiliger verlaufen, das vieler anderer Menschen eingeschränkter & in diesem Sinne wage ich die allgemein Aussage zu treffen, dass Erkenntnis und Veränderung wohl immer der bessere Weg ist – vielleicht sogar besser als naiv glücklich zu sein.
Um noch einen Spruch zu zitieren, den Teenager sich unter ihre Profilbilder schreiben „Es muss nicht besser werden, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.“
Die Frage ist auch meiner Meinung nach, wo man glücklicher ist. Bequemlichkeit und Gewohnheit können zu Unterforderung führen und auch zu Unglück. Wahrscheinlich würde ich daher auch die rote Pille nehmen, denn das alte Leben erscheint mir nicht gerade interessant zu sein. Das neue Leben bringt zwar Enttäuschungen, aber durch die Erkenntnisse über die Wirklichkeit, kann man sie auch anders gestalten und sein Leben verändern.
Ich denke, dass keiner so genau wissen kann wie die Realität wirklich ist. Wir sehen nur das, was wir sehen können, unsere Wahrnehmung hat aber Grenzen. Im Grunde genommen existieren zum Beispiel Farben wahrscheinlich gar nicht, sie entstehen erst in unserem Gehirn. Jeder Mensch und jedes Lebewesen hat also zu einem gewissen Teil seine eigene Realität, die auch von individuellen Erfahrungen abhängt.
Dennoch gibt es die halbwegs objektive Erkenntnis des Menschen, die in der Regel alle Menschen miteinander teilen. Wenn zum Beispiel ein Flugzeug abstürzt, wird jeder, der diesen Vorgang beobachtet hat, sagen können, dass dies passiert ist. Fakten sind Teil der halbwegs objektiven Erkenntnis. Wie man diese Fakten nun interpretiert, ist wieder individuell.
Folglich ist es meiner Meinung nicht gerechtfertigt, wenn sich jeder seine Realität zusammenbastelt. Dieses individuelle Weltbild oder die Ideologie dient oft als Rechtfertigung begangener unrechter Taten. Dieses Zusammenbasteln der Realität hat in der Vergangenheit meiner Meinung nach zum Beispiel zum Nationalsozialismus geführt.
In Situationen, in denen eine spontane Entscheidung von Nöten ist, kommt es meiner Meinung nach sehr auf den Charakter an. Die Frage, ob man die blaue oder die rote Pille nimmt, ist eine solche. Jeder muss für sich die richtige Entscheidung treffen. Ebenso ist es bei der Grenze zwischen „realer Realität“ und „eigene Realität“. Wie weit man gehen will und sollte um Mitmenschen, etc. nicht zu verletzen ist eine individuelle Entscheidung deren Folgen jeder mit sich selbst ausmachen muss. Das Leben in einer Traumwelt ganz zwar helfen in schwierigen Situationen zu überleben, allerdings kann es auch extreme negative Folgen auslösen sobald die Realität vollends irrelevant wird. Man redet aneinander vorbei, ist nicht auf einer Ebene mit den Mitmenschen und ist schlichtweg nicht mehr in der Lage mit (realistischem) Verstand zu handeln und zu denken. Individuelle Entscheidungen können weitreichende Folgen haben, doch auch wenn der Agierende damit klar kommt, so ist es für mich dennoch nicht legitim bzw moralisch vertretbar sich seine Realität „frei Schnauze“ zusammenzusetzen. Letztlich ist jedes Leben aber kein Wunschleben und man muss lernen die Entscheidungen anderen zu akzeptieren und damit klar zukommen, egal ob richtig oder falsch, moralisch korrekt oder legitim. Ob rote oder blaue Pille, Entscheidung ist und bleibt eine Entscheidung und somit entschieden. Für mich ist es neben dem Charakter noch wichtig in welcher Lebenslage ich mich befinde, wie viel Kraft, Mut und Verstand ich hab, aber ich schließe mich St. Sanktus an, aus relativer neutraler Sicht würde ich sagen, Veränderung, Mut und Offenheit bieten einem immer neue Möglichkeiten und neue Chancen.