Wann ist der Kommunismus sinnvoll?

Grundlage

Im 19. Jahrhundert begründen Karl Marx und Friedrich Engels die Gesellschaftslehre des Marxismus. Sie kommen zu dem Schluss, dass sich die menschliche Gesellschaft in Stufen entwickelt und durch Revolution zur jeweils nächsten gelangen kann.
Die Gesellschaftsstufen sind (in chronischer Ordnung)[1][2]:
– Urgesellschaft
– Sklavenhaltergesellschaft
– (Mittelalterlicher) Feudalismus
– Kapitalismus/ Bürgerliche Gesellschaft
– Sozialistische Gesellschaft
– Kommunistische Gesellschaft
Die Meistern Gesellschaftssysteme ähneln Kapitalismus bzw. der freien Marktwirtschaft. Nur China, Vietnam, Laos, Kuba und je nach Ansichtsweise auch Nordkorea haben kommunistische Regierungen[3].

1991 Zerfiel die Sowjetunion[4] aufgrund verschiedener Faktoren, viele davon begründet oder begünstigt durch die damalige Regierungsform des Kommunismus, die nach mehreren Revolutionen und Putschversuchen um 1917 durchgesetzt wurde[5]. Mit diesem Hintergrundwissen stellt sich die Frage, was es braucht, damit der Kommunismus in Deutschland mit dem Kapitalismus mithalten und für das Volk das bessere Staatssystem sein könnte.

Um diese Frage beantworten zu können, werde ich die Maslowschen Bedürfnispyramide benutzen. Es handelt sich dabei um die Interpretation eines sozialpsychologisches Modells von Abraham Maslow, das beschreibt, was ein Mensch braucht, um seelisch gesund zu sein[6]. Obwohl es stark vereinfacht ist, ist das Modell in vielen Wissenschaften anerkannt und kann für die vorliegende Fragestellung als Grundlage genutzt werden.

Erweiterte Bedürfnishierarchie nach Maslow, 1970.
Quelle: eigene Grafik.
Nähere Informationen zu den einzelnen Stufen sind hier bzw. hier zu finden.


Soll der Kommunismus besser sein als der Kapitalismus, muss er die Bedürfnisse der Bevölkerung eher decken als der Kapitalismus es unter gleichen Voraussetzungen tut. Die Bedürfnisse müssen von unten nach oben betrachtet werden, da ein höheres nur durch Erfüllung eines niedrigeren erreicht werden kann.

Vergleich auf Basis der Bedürfnishierarchie

1. Bedürfnis: Physische Bedürfnisse

Diese Bedürfnisse sind in Deutschland bisher vollkommen gedeckt. Beim Wandel zum Kommunismus müsste darauf geachtet werden, dass Dienstleistungen, die für diese Bedürfnisse wichtig sind, automatisiert funktionieren, sodass auch mit weniger Arbeitenden die Versorgung der Bevölkerung gesichert ist. Da eine solche Automatisierung im Status quo nicht benötigt wird, ist sie auch nicht vorhanden. Eine Transformation wäre zwar teuer, aber möglich.

2. Bedürfnis: Sicherheitsbedürfnisse

Die Sicherheit des einzelnen, vor allem in finanzieller Hinsicht, hängt im Kapitalismus stark von der eigenen Leistung ab. Der Kommunismus würde diesen Faktor eliminieren und dem Staat die Verantwortung für die Sicherheit des einzelnen übergeben. Dies ist nur möglich, wenn eine Automatisierung in einem Grade erreicht ist, das alle Waren und Dienstleistungen ohne menschliches Beisein hergestellt werden können und der Staat so auch mit wenigen Arbeitern nahezu unbeschränkt Zugriff auf Lebensmittel oder Medikamente hat. Von diesem wissenschaftlichen Fortschritt ist Deutschland noch weit entfernt.
Diese Automatisierung würde auch mit dem Problem der nicht nachwachsenden Rohstoffe kollidieren. Deutschlandweit neueste Technik in allen ebenen zu verbauen würde Unmengen davon konsumieren und die Preise in die Höhe treiben, ein Versuch selbiges weltweit zu tun würde die Vorkommen sofort aufbrauchen und schon bald wäre der Mensch wieder bei der Urgesellschaft zurückgekehrt.
Die benötigte Revolution der Arbeit würde also nur mit gigantischen wissenschaftlichen Fortschritten funktionieren, von denen wir noch Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte entfernt sind.
Da der Mensch hin und wieder das Bedürfnis hat, zu arbeiten, sollte die Automatisierung mit einer Flexibilität einhergehen, die es den Menschen ermöglicht, gemeinsam mit den Maschinen die Arbeiten zu verrichten. Die Bürokratie sollte stark vereinfacht werden, sodass spontane Berufswechsel ohne größeren Aufwand möglich ist. Diese Dinge dürften allerdings kein allzu großes Problem darstellen.

3. Bedürfnis: Soziale Bedürfnisse

Im Kapitalismus ist die Erfüllung sozialer Bedürfnisse zwar möglich, der Soziale kontakt wird aber während der Arbeit oder in der Schule eingeschränkt. Im Kommunismus bleibt zwar die Einschränkung in der Schule, da aber jeder arbeiten kann, wo und wann er/sie möchte, ist es erwachsenen quasi jederzeit möglich, soziale Kontakte zu pflegen. In dieser Hinsicht wäre ein kommunistisches System dem kapitalistischen überlegen.

4. Bedürfnis: Individualbedürfnisse

Individualbedürfnisse (u.a. Vertrauen, Wertschätzung, Selbstbestätigung, Erfolg, Freiheit und Unabhängigkeit[6]) sind im Kommunismus und im Kapitalismus etwa gleich schwer zu erreichen. Zwar ist im Kapitalismus die Leistung des einzelnen entscheidend über seinen sozialen Stand ist, während im Kommunismus alle gleich sind und wirtschaftlicher Erfolg nicht möglich ist. Allerdings hat das Individuum im Kommunismus tendenziell mehr Zeit, um Vertrauen zu anderen aufzubauen und ist unabhängiger vom Beruf. Der Staatliche Einfluss auf diese Bedürfnisse ist sehr gering und stellt daher bei einem Systemwandel kein Problem dar.

5. Bedürfnis: Kognitive Bedürfnisse

Bildung und Fortschritt ist in beiden Systemen auf gleiche Art und Weise, nämlich über Schule, Arbeit und Freizeitgestaltung möglich und kann daher auch im Kommunismus gewährleistet werden, vorausgesetzt der Lehrprozess ist auch automatisiert.

6. Bedürfnis: Ästhetische Bedürfnisse

Als Individuum schön zu sein und herauszustechen ist schwer, wenn alle gleich sind. Eine Individualisierung durch die Erfüllung ästhetischer Bedürfnisse ist also nur kaum möglich. Selbst wenn der Staat teure Kleidung und hochwertige Mittel zur Körperpflege zur Verfügung stellt, wird sich der Standard der Schönheit immer wieder dem Durchschnitt anpassen, von dem im Kommunismus keiner allzu weit entfernt ist. Dieses Bedürfnis kann also im Kapitalismus deutlich besser befriedigt werden, als im Kommunismus.

7. Bedürfnis: Selbstverwirklichung

Die Erfüllung dieses Bedürfnisses ist im Kommunismus schlicht und ergreifend nicht möglich. Selbstverwirklichung beruht auf Individualisierung, welche im Kommunismus nicht gewehrleistet ist. Wer sich selbst verwirklichen will, benötigt Geld und Selbstbestimmung, individuelle Ziele und Möglichkeiten. Diese Dinge bringen Wettbewerb und Ungleichheit mit sich, weshalb sie zwar für den Kapitalismus geeignet sind, im Kommunismus allerdings nicht existieren sollten.

8. Bedürfnis: Transzendenz

Das sterben nach einem höheren Zweck durch Erfüllung der Träume ist im Kommunismus nur dann möglich, wenn die Träume nicht extravagant sind, sondern von jedem unter gleichen Voraussetzungen geträumt und verwirklicht werden können. Also kann auch dieses Bedürfnis nur beschränkt erfüllt werden.
Im Kapitalismus wird dieses Bedürfnis allerdings auch nur von denen erreicht und erfüllt, die genug gearbeitet und verdient haben, dass sie ihre Träume erfüllen können und zuvor die anderen Bedürfnisse erfüllt haben. Dementsprechend würde dieses Bedürfnis den Kommunismus nicht aufhalten.

Fazit

Technisch ist Deutschland bei weitem noch nicht bereit für den Kommunismus und wird dies auch in den nächsten Jahren so bleiben.
Außerdem drängt die Junge Bevölkerung nach Individualisierung und Änderung. Mit solch einem Volk in den Kommunismus zu gehen wäre nicht von Erfolg geprägt.
Die Technik muss noch weit fortschreiten, bis jeder ein relativ freies und unkompliziertes Leben hat, bevor es zur Gleichheit der Individuen kommen kann.

Quellenverzeichnis

Alle Quellen wurden am 2.1.2023 abgerufen.
Links, die schon im obigen Text erkenntlich sind, sind nicht erneut aufgeführt.
[1] https://www.gottwein.de/Eth/St.Marx01.php, Absatz 7 b
[2] https://www.karteikarte.com/card/1403310/marx-8-stufenmodell-der-menschlichen-gesellschaft
[3] https://www.diepresse.com/5124849/wo-der-kommunismus-noch-lebt-china-vietnam-laos-kuba
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Zerfall_der_Sowjetunion
[5] https://schulzeug.at/geschichte/der-kommunismus-in-russland/
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Maslowsche_Bedürfnishierarchie

1 Kommentar

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Hallo Jd,
als ich deinen Blogpost las, war ich äußerst positiv überrascht von deiner logischen Analyse des Kommunismus durch die maslowsche Bedürfnispyramide. Doch was denkst du selber? Ist Kommunismus nun sinnvoll oder ist es nicht? Das konnte ich aus deinem Essay leider nicht so herauslesen…

Ich persönlich denke, dass wir bei der Beurteilung des Kommunismus ihn nicht gleichsetzten sollten mit seiner scheinbaren Implementierung in Ländern wie der UdSSR (wie du es andeutest). Zwar bezeichnen diese Länder sich selbst als kommunistische Länder, jedoch mehr um die Macht der Regierenden zu legitimieren, als aus dem Wunsch heraus, wirkliche wirtschaftliche Gleichheit herzustellen. So weisen sie bei einer genaueren Betrachtung Merkmale eines autokratisch-diktatorischen Kommunismus, nicht aber eines demokratisch-kommunistischen Systems auf. Dieses könnte jedoch gegenüber des diktatorischen durch mehr Freiheit und eine bessere Legitimationsgrundlage Vorteile bieten. Zwar gab es bereits Bestrebungen in diese Richtung (https://www.deutschlandfunkkultur.de/sozialismus-mit-menschlichem-antlitz-100.html), leider (zu Forschungszwecken) scheiterten sie aber durch autokratische Machtstrukturen.

Zudem entstanden alle bisherigen kommunistischen Systeme in einer Mangelwirtschaft, sodass es schwierig zu beurteilen ist, ob Kommunismus in einer Überflussgesellschaft wie in unserer überhaupt funktionieren würde und vor allem, wie er dann funktionieren bzw. wie er die Bedürfnisse der Menschen befriedigen würde.

Doch sollten wir uns, bevor wir auf diese Fragen näher eingehen, nicht erst fragen, ob wir den Grundgedanken des Kommunismus (wirtschaftliche Gleichheit aller) oder den des Kapitalismus (Leistungsprinzip) befürworten? Für mich liegt die Antwort – wie so oft im Leben – irgendwo dazwischen: in der sozialen Marktwirtschaft. Sie gewährleistet soziale Sicherung durch Intervention des Staates bei Beibehaltung des freien Marktes. So können die Menschen durch Nachfrage und Angebot selbst ihre Bedürfnisse befriedigen. Sozial Benachteiligten hilft der Staat dabei.
Mfg Mittelscheitelmanfred

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