Occupy Wall Street – ziviler Widerstand oder nur eine direkte Aktion?

Jeder kennt sie, Demonstrationsbewegungen die nicht durch die Straßen ziehen, sondern sich einfach auf einen öffentlichen Platz setzen und friedlich dort demonstrieren. Dies ist eine neue Form des Protests, die Besetzung von öffentlichen Plätzen. Eigentlich nichts erstaunliches, Proteste wandeln sich im Laufe der Zeit. Dennoch ist diese Form des Protests etwas besonderes. Denn diese gelebte Praxis ist eine alternative Gesellschaftsordnung und Demokratieform. Dabei steht die soziale Solidarität und der politische Diskurs unter Gleichen innerhalb der Bewegung im Zentrum. Bei genauerem hinsehen, weist die Bewegung anarchistische Akteure und anarchistisches Gedankengut auf, ebenso wichtig ist dabei die diskurs- und konsensdemokratische Ausrichtung. Allgemein kann man sagen, dass die Prinzipien einer Reorganisation der Demokratie vertreten werden.

Zu allererst ist die Unterscheidung zwischen ziviler Ungehorsamkeit und direkter Aktion wichtig. Zivile Ungehorsamkeit wird von David Graeber wie folgt definiert, bei der zivilen Ungehorsamkeit nehmen die Akteure die rechtlichen Konsequenzen in Kauf, dabei verwenden sie Blockanden, wie beispielsweise Ghandi, grundsätzlich steht hierbei die Weigerung sich nach einem ungerechten Gesetz zu beugen. Direkte Aktion hingegen besteht daraus, dass sich mehrere Personen zusammen schließen um ein neues System aufzubauen, allgemein funktioniert dies auf der Grundlage anderer Prinzipien. Dennoch überlässt die direkte Aktion das Handeln den Repräsentanten des Systems, dabei sind die Aktionen der direkten Aktion militant und symbolisch, welche wiederum ein bestimmtes Ideal darstellt, so entsteht eine Art Mikro-Utopia, was bedeutet die Akteure leben in ihrer eigenen Blase. Hinzu kommt, dass die direkte Aktion zu einem Symbol der schlichten Militanz wurde. Allgemein lässt sich über die Akteure der direkten Aktion sagen, dass diese so handeln, als wären sie schon frei, somit kann sich jeder damit identifizieren.

Trotz diesen friedlichen Protesten kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, dabei werden wie in Leipzig Polizisten angegriffen, mit der Begründung man müsse gegen das System kämpfen, doch ist das Angreifen einzelner Individuen vertretbar? Eigentlich bedeutet ein humaner Umgang nicht gleich mit den Beamten vertraulich zu werden und Polizisten können die gleichen Vorstellungen wie die Akteure haben. Dennoch ist die Polizei nur eine Ansammlung von staatlichen Funktionären und keine Ansammlung von Individuen. durch diese staatlichen Funktionäre kann überhaupt erst die Macht der Oberschicht gewahrt werden. Hinzu kommt, dass die Polizei Gewalt gegen die Demonstranten anwendet, die Demonstranten hingegen sehen Gewalt als das bevorzugte Mittel der Dummen.

Das allgemeine Ziel ist also einen Raum der Gesellschaft in Besitz zunehmen und diesen von einem gehaltvollen in einen Raum der Liebe und Fürsorge umzuwandeln, dabei ist das Bild der Liebe und Fürsorge als Hauptwaffe. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Entwicklung einer Art flexibler und intelligenter Gegenmacht, also eine radikale Alternative. Schlussendlich soll diese Art von Protest immer wieder daran erinnern wer das Fundament der Macht ist.

Quelle: Graeber, David: Occupy! Die anarchistische Theorie und Praxis der direkten Aktion. 2011

Graeber, David: Direkte Aktion. Ein Handbuch. 2009

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