Jeder von uns hat bestimmt schon mal einen Film gesehen, der erotische Szenen beinhaltete, indem Frauen nackt dargestellt wurden. Der Grund für diese Inszenierung des weiblichen Körpers mag vielen bekannt sein: das Erreichen und Anwerben des hetero- männlichen Publikums.
2022 veröffentlichte die Regisseurin und Filmdozentin Nina Menkes die Dokumentation „Brainwashed- Sexismus im Kino“. Sie erklärt den Zusammenhang zwischen der Bildsprache des Kinos, Diskriminierung am Arbeitsplatz und Missbrauch, bzw. Übergriffen gegenüber Frauen in der Filmbranche.
In wie fern unterscheiden sich die Bildgestaltung von Hauptdarstellern und Hauptdarstellerinnen in Filmen und welche Auswirkungen hat diese Darstellungsweise?
Jean- Paul Sartre beschreibt 1943 in deinem Werk „Das Sein und das Nichts“ den sogenannten „Blick“. Er erklärt, dass eine Interaktion zwischen zwei Menschen immer zwei Ebenen hat. Man unterscheidet zwischen dem Blickenden/ der Blickenden und der erblickten Person. Es entsteht ein Machtgefüge, denn der Blickende wird zum Subjekt, während die Person, die angeblickt wird, zum Objekt wird.
Dieses Machtgefüge ist häufig in Filmen erkennbar, denn weibliche Figuren werden oft anders dargestellt als männliche Charaktere. In vielen Filmen, bzw. Szenen ist der Mann das Subjekt und die Frau das Objekt. Das bedeutet der Mann ist die handelnde Person in einer Aktion, während die Frau nicht handelnd, als passive Figur dargestellt wird. Diese Art der Darstellung kann verschiedene Formen annehmen. Die Kamera filmt zum Beispiel über die Schulter des Mannes und zeigt somit aus seiner Perspektive die Frau, die er anschaut. Dieses „Anschauen der Frau“ beschreibt den männlichen Blick („the male gaze“).
Über die letzten Jahrzehnte wurde diese Objektifizierung der Frau, durch solche Szenen immer mehr sexualisiert. Häufig werden bei Frauen nur einzelne Köperteile gefilmt, wie beispielsweiße die Brüste oder die Beine, um diese bewusst für das Publikum zu betonen und in Szene zu setzen. Dabei sieht man in vielen Fällen nicht das Gesicht der Frau. Man weiß nicht wie sie sich fühlt, bzw. was ihre Gedanken sind. Anders ist es beim Subjekt, dem Mann, denn durch seine Perspektive bekommt man direkt einen Einblick in seine Gedanken und kann so seine Emotionen einfach und sogar unbewusst wahrnehmen. Genauso werden Zeitlupen oder Schwenken der Kamera genutzt, um den Körper der Frau gezielt zur Schau zu stellen und zu sexualisieren. Zeitlupen zur Darstellung von Männern werden häufig nur dann benutzt, um sie in Kampfszenen noch mächtiger und stärker wirken zu lassen. Dies zeigt zum Beispiel die Darstellung des männlichen Köpers im Film „Top Gun“ während einer Szene, in der die männlichen Charaktere Volleyball spielen. Die Charaktere sind zwar freizügig gekleidet, aber ihr Körper wird ganz dargestellt und nicht in Fragmenten einzeln in den Fokus gestellt. Auch hier sind die Charaktere in Aktion, indem sie Volleyball spielen. Diese Aktion „schützt“ den männlichen Körper. Anders bei der Darstellung des weiblichen Körpers, wo die Frau häufig entblößt dargestellt wird und eine passive Rolle einnimmt. All diese Techniken zeigen eine Bildsprache, die vom „männlichen Blick“ geprägt ist. Der Körper der Frau wird zugunsten des Mannes dargestellt.
Ein großes Problem bei der Objektifizierung von Frauen ist außerdem, dass Gewalt, wie zum Beispiel sexuelle Belästigung verharmlost wird. Das liegt auch daran, dass durch die passive Rolle der Frau, ihre Perspektive und Emotionen nicht im Vordergrund stehen. Die Studie „Media-Induced Sexual Harassment:The Routes from Sexually Objectifing Media to Sexual Harassment“ von 2014 bestätigt, dass Männer die Medien konsumieren, in denen Frauen objektifiziert werden, eher zu sexueller Belästigung und Missbrauch neigen. Das bedeutet, dass diese Inszenierung von Frauen in Filmen im schlimmsten Fall fatale Auswirkungen im echten Leben haben können.
Hollywood ist in vielen Bereichen sehr männlich dominiert. Ein Großteil der Regisseure und Kameramänner sind männlich. Durch sie wird der „männliche Blick“ visualisiert und kann so vom Publikum wahrgenommen werden. Aber auch die Positionen, die später entscheiden, ob ein Film in die Kinos kommt; sind häufig von Männern besetzt. Aus diesem Grund war es in der Vergangenheit oft schwierig für Frauen finanzielle Unterstützung für ihre Projekte zu finden, bzw. ihre Projekte an die Öffentlichkeit zu bringen.
Immer öfter setzten sich Aktivistinnen für die Chancengleichheit in Hollywood ein, weshalb ein Wandel erkennbar ist. 2021 gewann Regisseurin Chloé Zhao mit ihrem Film „Nomadland“ einen Oscar für die beste Regie. Ihr Film thematisierte aus der Perspektive der Hauptdarstellerin, das Leben einer Frau in ihren Sechzigern, die als moderne Nomadin lebt. Es gibt also immer mehr Filme die sich mit der bisherigen Filmdarstellung auseinandersetzten und deren Probleme ansprechen. Durch den Erfolg von Filmen, wie beispielsweise „Nomadland“ wird deutlich, dass ein Interesse des Publikums an Filmen, die den stereotypischen „male gaze“ brechen vorhanden ist.
Es ist offensichtlich, dass der „male gaze“ in der Geschichte des Films sehr viel positives Feedback durch sein Publikum bekommen hat und riesige Summen an Geld verdient werden konnten.
Meiner Meinung nach ist es deshalb umso wichtiger, Filme zu hinterfragen, um sich bewusst zu machen, wie die verschiedenen Charaktere wirklich dargestellt werden. Die Gestaltung der Bildsprache in Filmen ist immens wichtig, denn die Auswirkungen der sexualisierten und objektifizierten Darstellung des weiblichen Körpers zeigt nicht nur die Machtdynamik in einer Szene im Film, sondern kann sich auf das echte Leben widerspiegeln. Deswegen sollte jeder von uns, offen für Neues sein und Filmen, die versuchen die Norm der Bildsprache und den „male gaze“ zu durchbrechen, eine Chance geben. So kann es gelingen die tatsächliche Perspektive der Frau, bzw. der objektifizierten Charaktere zu erfahren.
Quellen:
https://www.arte.tv/de/videos/110260-000-A/brainwashed-sexismus-im-kino/
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Sein_und_das_Nichts#Der_Blick
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