Zahlen über Menschen: Wie gerecht sind Schulnoten?

Die Leistung deutscher Schülerinnen wird üblicherweise nur durch eine einzige Zahl abgebildet. Eine „1“ steht für die beste Leistung und bedeutet, dass man „sehr gut“ abgeschnitten hat. Eine „6“ sagt aus, dass der/die Schülerin eine „ungenügende“ Leistung erbracht hat.

Doch wie gerecht ist es, Schülerinnen anhand von Zahlen zu bewerten?

Schulnoten bilden die Leistung von Schülerinnen nur auf einer eindimensionalen Bewertungsskala ab. Dies kann jedoch nicht die Vielschichtigkeit menschlicher Leistung in verschiedenen Bereichen widerspiegeln. Individuelle Fähigkeiten wie Kreativität, Motivation, Durchhaltevermögen oder soziale Kompetenzen gehen bei der Bewertung unter. Stattdessen zeigen die Noten lediglich, wie gut der/die Schülerin im Auswendiglernen ist. Richtiges Verständnis des Themas kann durch die aktuellen Arbeiten nur indirekt getestet werden. Doch genau dies ist im Zeitalter von Digitalisierung und KI immer wichtiger. Denn mit nur ein paar Klicks kann man von überall auf das Wissen, das man in der Schule mühevoll auswendig lernen musste, zugreifen.

Ein weiterer Punkt, warum Schulnoten abgeschafft werden sollen, ist, dass sie nicht mehr auf die benötigten Fähigkeiten und Kompetenzen in der Arbeitswelt abgestimmt sind. Ich persönlich finde, dass das meiste Wissen, das in der Schule vermittelt wird, schlichtweg unnötig ist. Keiner wird in seinem späteren Berufsleben dazu aufgefordert, beispielsweise eine Gedichtinterpretation zu schreiben. Doch trotzdem ist diese ein Bestandteil des Schulunterrichts. Darüber hinaus werden Soft Skills (zum Beispiel Kommunikationsfähigkeiten, Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit) immer wichtiger. Auch diese werden von Schulnoten nicht erfasst.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Objektivität von Schulnoten. Zwar werden die Noten teilweise auch durch objektive und standardisierte Leistungen ermittelt. Dennoch setzen sie sich auch aus einer mündlichen Note zusammen. Diese wird jedoch maßgeblich von subjektiven Faktoren wie Sympathien, Erwartungshaltung und der Stimmung des/der Lehrerin unterbewusst beeinflusst. So wird auch deutlich, dass Schulnoten nur bedingt als direkter Vergleich zwischen Schülerinnen verwendet werden können.

Außerdem erzeugt das System der Schulnoten oft großen Druck bei den Schülerinnen. Viele fühlen sich gestresst, haben Angst und denken, sie seien nicht gut genug. Das kann das Selbstwertgefühl senken und die Lust am Lernen verringern. Schülerinnen lernen dann eher für die Note als für das Verstehen des Stoffes. Kreatives und kritisches Denken rücken in den Hintergrund, weil es schwer zu bewerten ist und in der Notenskala oft nicht miteinbezogen wird.

Zudem verstärken Noten oft soziale Unterschiede. Kinder aus Familien, die weniger beim Lernen unterstützen können, bekommen häufiger schlechtere Noten, obwohl ihr Potenzial gleich hoch ist. Schulnoten spiegeln also nicht nur die Leistung wider, sondern oft auch ungleiche Startbedingungen.

Wegen all dieser Punkte stellt sich die Frage, ob andere Bewertungssysteme nicht besser wären. Modelle wie Portfolios, Kompetenzraster oder ausführliche Rückmeldungen zeigen die Stärken und Schwächen von Schülerinnen genauer. Sie unterstützen individuelles Lernen und stellen die Fähigkeiten als Ganzes dar, statt nur eine Zahl zu geben.

Insgesamt zeigt sich, dass Schulnoten ein sehr einfaches Bild der Schülerleistung geben. Viele wichtige Fähigkeiten und Eigenschaften werden nicht erfasst. Es ist wichtig, darüber nachzudenken, wie Bewertungen gerechter gestaltet werden können.

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