Sollte ehrenamtliches Engagement mehr für die Bewerbung eines Studienganges/Ausbildungsplatzes gewertet werden?

An der LMU (Ludwig-Maximilians-Universität München) benötigt man für ein Medizinstudium einen durchschnittlichen Abischnitt von 1,0-1,2. Mit einem guten TMS, einem freiwilligen Test, der die Chance auf einen medizinischen Studiengang erhöht, ist auch ein Abiturschnitt von 1,4 möglich. An anderen Universitäten wie der Charité Berlin oder der UHH (Universität Hamburg) sind die Schnitte ähnlich. Ohne einen sehr guten Abischnitt ist ein Medizinstudium in Deutschland nicht möglich.

Durch eine Kombination aus der Abiturnote, dem TMS und eventuell Berufserfahrungen als Krankenpfleger oder Rettungssanitäter, kann man einen Studienplatz erhalten. Nicht berücksichtigt werden außerschulische Leistungen und ehrenamtliches Engagement. Sollten diese in Zukunft in Bewerbungen mehr berücksichtigt werden?

In der Schule liegt der Hauptfokus auf der Leistung der einzelnen Schüler*innen. Noten entscheiden über den Abschluss und die Chancen in der Ausbildung, Studium oder Beruf. Sie gelten als Beweis für Disziplin, Fleiß und Intelligenz. Aber zeigen Noten wirklich auch, wer wir sind oder nur das was wir wissen?

Ehrenamtliches Engagement vermittelt Werte, die über das schulische Wissen hinausgehen. Unter anderem lernt man Verantwortung zu übernehmen, spontan und flexibel zu entscheiden oder den Umgang mit Menschen und auf deren unterschiedliche Bedürfnisse einzugehen. Eigenschaften, die man auch als Ärztin oder Arzt, aber auch in anderen Berufen benötigt. Viele dieser Erfahrungen sind anstrengend, aber sie geben einem auch etwas, dass einem keine Schulnote geben könnte. Das Gefühl einer guten Note ist schnell vergessen, aber das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen und anderen Menschen eine Freude zu bereiten, das bleibt.

Das ehrenamtliche Engagement hat mehrere positive Seiten.

Zum einen erlernt man wie bereits erwähnt viele neue Kompetenzen. Dazu gehören Empathie, Durchhaltevermögen, Teamarbeit oder Konfliktlösung. Solche Kompetenzen sind auch für das spätere Berufsleben von Vorteil und genauso wichtig wie Fachwissen.

Ein weiterer Punkt ist, dass Ehrenamt in unserer Gesellschaft unverzichtbar ist. Ob im Sportverein, sozialen Einrichtungen oder in der Gemeinde, ohne Ehrenamtliche würde es nicht funktionieren. Das freiwillige Helfen, nicht aus Zwang, sondern aus einer Überzeugung heraus ist das Besondere am Ehrenamt.

Allerdings ist die Rolle der Noten auch nicht zu unterschätzen. Noten zeigen, dass man Inhalte verstanden hat, sein Wissen in Klausuren reproduzieren und auf Aufgaben erfolgreich anwenden kann. Andererseits sind Noten Lehrkraftabhängig und messen weder Teamfähigkeit, Kreativität noch Ehrgeiz.

Durch ungleiche Voraussetzungen, wie zum Beispiel durch fehlende Unterstützung zuhause oder fehlende finanzielle Möglichkeiten ist nicht für alle ein guter Abschluss trotz Fleiß und Disziplin möglich. Das verhindert auch die Chance auf bestimmte Studienplätze, wie des Medizinstudiums.

Manche Hochschulen oder Arbeitgeber berücksichtigen heute auch schon das ehrenamtliche Engagement, zum Beispiel die Universität Heidelberg. Allerdings ist es nur ein zusätzliches Kriterium, eine schlechte Note kann dadurch nicht ersetzt werden.

Ein großes Problem ist auch der Stellenwert in unserer Gesellschaft. Noten und der Schulabschluss haben einen hohen Stellenwert. Im Vergleich dazu das ehrenamtliche Engagement einen deutlich geringeren. Möglicherweise auch, weil man diesen schlechter messen kann.

Noten zeigen, dass jemand sein Wissen anwenden kann. Ehrenamtliches Engagement zeigt, dass jemand sein Wissen und seine Fähigkeiten auch für andere bereitstellt. Beide Bereiche sind für die persönliche Entwicklung und die gesellschaftliche Teilhabe entscheidend.

Meiner Meinung nach sollte ehrenamtliches Engagement als Bewerbungskriterium mit aufgenommen werden. Noten und Engagement sind notwendig und ergänzen sich. Sie sollten optimalerweise in Balance zueinanderstehen. Wer sowohl gute Noten erzielt als sich auch engagiert, hat fachliche und soziale Kompetenzen, die langfristig, im Studium und Beruf relevant und hilfreich sein können.

Quellen:

https://dein-medizinstudium.de/medizinstudium-voraussetzungen/?

https://www.uni-heidelberg.de/de/freunde-foerderer/deutschlandstipendium/faq-bewerbungsverfahren?

2 Kommentare

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Hallo!
Ich finde, du hast sehr überzeugend dargestellt, warum Noten allein nicht ausreichen, um die Eignung für ein Studium oder eine Ausbildung zu beurteilen. Besonders gut gefällt mir, dass du zeigst, welche wichtigen sozialen und persönlichen Kompetenzen man durch ehrenamtliches Engagement erwirbt. Meiner Meinung nach hast du recht damit, dass sich schulische Leistung und Engagement sinnvoll ergänzen und gemeinsam ein gerechteres Bild einer Person ergeben. Gleichzeitig wird durch deinen Text deutlich, dass ehrenamtliche Arbeit schwer messbar ist, aber trotzdem mehr Anerkennung verdient. Insgesamt regst du mit deinem Beitrag sehr gut dazu an, über fairere Auswahlverfahren nachzudenken.

Hey, ich stimme dir voll zu, dass man ehrenamtliches Engagement in ein Bewerbungsverfahren für einen Ausbildungs- oder Studienplatz grundsätzliche mit einbeziehen sollte, sehe hier jedoch Probleme bei der Umsetzung.
Es ist heutzutage einfach nicht mehr zeitgemäß, dass die Noten allein ausschlaggebend für die berufliche Zukunft eines jungen Menschen sind.
Eine Schulnote sagt nichts über den Charakter eines Menschen aus, wie dieser wirklich ist, über seine Denkweise, seine soziale Kompetenz und seine Persönlichkeit. Diese Eigenschaften werden eher deutlich, wenn man sieht, wie er seine Freizeit gestaltet. Die Werte die man zum Beispiel im Ehrenamt erlernt bzw. dadurch verstärkt werden, sind künftig bei einer Ausbildung oder im Studium von Vorteil. Insbesondere Verlässlichkeit, Selbständigkeit, Durchhaltevermögen und Verantwortungsbewusstsein sind Eigenschaften, die einem Arbeitgeber oder einer Universität vermitteln, dass der junge Mensch die Ausbildung bzw. das Studium ernst nimmt. Es wird vermittelt, dass er seine Aufgaben erfüllt und bearbeitet Lehrinhalte stets gewissenhaft und pünktlich erledigt, verantwortungsvoll damit umgeht und dranbleibt, auch bei schwierigen Themen dranbleibt und Lösungen findet, anstatt einfach aufzugeben.
Ich sehe jedoch bei der Bewertung von freiwilligen Aktivitäten ein großes Problem. Beim Ehrenamt erhält man keine oder keine ausreichende Bescheinigung, die genügend detaillierte Informationen über die betreffenden Tätigkeiten/Fähigkeiten enthält, sodass diese nur eingeschränkt verwertbar ist. Es gibt so viele verschiedene Arten von Ehrenämtern in unterschiedlichsten Ausprägungen, dass ich mich frage, wie man diese überhaupt miteinander vergleichen kann. Das stelle ich mir sehr schwierig und kaum umsetzbar vor.
Außerdem finde ich Ehrenamtliches sollte man nur machen, wenn man den Wert dahinter sieht und nicht nur weil es einem einen Vorteil in der Zukunft geben kann.

Ganz anders verhält es sich mit dem von dir angesprochenen TMS. Der TMS (Test für medizinische Studiengänge) wurde genau dafür entwickelt, dass man ein etwas Abi ausgleichen kann. Er besteht aus insgesamt acht Untertests, von denen jeder eine bestimmte kognitive Fähigkeit prüft. Die Testaufgaben sind extra so konzipiert, dass sie verschiedene Kompetenzen unabhängig vom Schulwissen messen. Hier können die Ergebnisse ausgewertet und gemessen werden. Mit diesem Test kann man seinen Abischnitt aufwerten und entsprechend den Vorgaben einzelner Universitäten einen Studienplatz erhalten.

Zusammengefasst finde ich die Idee außerschulisches Engagement in die Entscheidung eines Bewerbungsverfahrens mit einfließen zu lassen echt gut, aber da ich es so schwierig finde, das geleistete Ehrenamt fair und gleichmäßig zu bewerten, müsste hier zunächst eine gut durchdachte Änderung vorgenommen werden.

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