Haben Ex-Terroristen eine zweite Chance verdient?

„Das Leben war schrecklich. Wir hatten nicht genug zum Überleben, mein Mann versuchte, Zigaretten zu verkaufen, die Terroristen haben ihn festgenommen, ins Gefängnis geworfen und gefoltert. Als sie sahen, dass ich um meinen Mann weinte – und sie konnten durch den Vollschleier ja nur meine Augen sehen –, da wollten sie mich auch schlagen und einsperren. Sie zwangen mich, mein Gesicht mit Dreck zu waschen. Und ich war hochschwanger.“

https://www.deutschlandfunk.de/terrormiliz-is-frauen-wollen-vergeltung-fuer-unsagbare.724.de.html?dram:article_id=373462

Amineh, die Frau von der dieses Zitat stammt, berichtet von ihrem Leben unter dem Terrorregime Islamischen Staat. Sie ist nur eine Stimme von sehr vielen Menschen, die vom IS gefoltert, vergewaltigt oder verkauft wurden. Von diesen Misshandlungen zu lesen macht sehr wütend und wirft Fragen auf. Wie kann ein Mensch sich so einer Organisation anschließen? Wie kann jemand davon ausgehen solche Taten zu begehen und dabei im Recht zu sein?

Unverständnis und Hass sind Dinge, die Terroristen erreichen. Gerne würde man nie etwas mit jemandem zutun haben, der so etwas unterstützt. Aber was passiert, wenn ein Ex-Terrorist seine Strafen verbüßt hat? Unser Land muss die deutschen Ex-Terroristen aufnehmen, doch wie kann man als Gesellschaft mit solchen Menschen umgehen? Haben sie eine zweite Chance verdient?

Zuallererst muss man sich darüber im Klaren sein, ob man das deutsche Rechtssystem als gerecht wahrnimmt.Ich werde im Folgenden davon ausgehen, dass die Strafe im Verhältnis zum Verbrechen steht, um die Diskussionsmenge einzuschränken. Der Schuldige hätte dann immer eine zweite Chance aus rechtlicher Sicht verdient.

Grundsätzlich wird die Strafe an der Härte des Verbrechens bemessen, weshalb Schwerverbrecher für sehr lange Zeit ins Gefängnis müssen und es vielleicht nicht mehr verlassen werden. Doch wie ist es, wenn jemand nur kleine Aufgaben als Terrorist erfüllte, niemanden direkt umgebracht oder gefoltert hat? Solche Menschen fahren dann früher oder später wieder mit uns in der Bahn oder arbeiten mit uns. Was wäre, wenn dem Ex-Terrorist nur nichts „Großes“ nachgewießen werden konnte?

Ich persöhnlich finde nicht, dass ein Mensch, der bewusst jemanden anderen aus Lust oder aus einem Ideal umgebracht hat, jemals wieder frei sein sollte. Er hat anderen das Leben genommen, aber darf sein eigenes in Ruhe weiterleben? Das finde ich ungerecht. Doch im Vertrauen an unseren Rechtsstaat muss davon ausgegangen werden, dass solche Fälle erkannt und bestraft werden.

Ob jemand Reue empfindet, ist schwer zu erkennen. Viele würden so etwas auch vorgeben, um besser dazustehen. Deshalb wird mit einer Eingliederung in die Gesellschaft ein großes Risiko eingegangen. Doch wie würde ein Gegenbeispiel aussehen? Was würde passieren, wenn Ex-Terroristen nicht wieder eingegliedert werden, keine Freunde, keinen Job, keine Wohnung finden würden? Würde man sie dann nicht zurück in ihr altes Leben drängen? Wenn sich jemand wirklich geändert hat, muss man als guter Mensch nicht noch eine Chance geben?

Hier muss man sich über eine weitere Sache im Klaren sein, und zwar der Frage, ob man glaubt, dass sich ein Mensch wirklich ändern kann. Ändert er seine Überzeugung, könnte er zu einem „normalen“ Bürger werden. Viele Menschen schließen sich aus Zugehörigkeitswünschen extremen Organisationen an. Wenn hier eine offene Gesellschaft auftreten würde, wäre es vielleicht möglich, solche Menschen aufzufangen.

Es gibt Terroristen, die mehr oder weniger unbewusst in die Situaton gerutscht sind. Ein konkretes Beispiel ist unten verlinkt. Natürlich ist das keine Entschuldiung dafür, Organisationen wie den IS zu unterstützen, das möchte ich in keinster Weise andeuten. Trotzdem würde ich in individuellen Fällen eine Wiederaufnahme in die Gesellschaft auf jeden Fall beführworten. Kriterien, die mir dabei wichtig sind, sind psychologische Einschätzungen und echte Reue, damit das Risiko eines Rückfalls möglichst gering sind.

Individuelle Fälle können und sollten jedoch nicht verallgemeinert werden. Weder leichtfertige generelle Freilassungen noch rigerose Ablehnung von Freilassungen sind hier Lösungen. Stattdessen können wir nur persönlich einschätzen und dann handeln.

Zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft gibt es nur eine andere Möglichkeit und zwar das „Nicht-Eingliedern“. Lebenslänglich für jeden ehemaligen Angehörigen einer Terrororganisation – wäre das eine bessere Lösung? Anfangs hielt ich es dafür, doch nach der Auseinandersetzung mit einem Fallbeispiel (siehe Video), denke ich anders darüber. Ich glaube, dass selbst Ex-Terroristen in wenigen Fällen eine zweite Chance bekommen sollten.

Was denkst du über dieses schwierige Thema? Es gibt weder richtig oder Falsch, noch eine einfache Lösung. Schreib mir gerne einen Kommentar mit deiner Sicht dazu!

Quellen:

  • (Empfehlenswertes) Video zum Thema:

3 Kommentare

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Hallo Iduna,

Ich finde, dass dies ein sehr umfangreiches und schwieriges Thema ist. Respekt, dass du dich dafür entschieden hast!
Nun zu meiner Sichtweise, grundsätzlich bin ich der Meinung „jeder verdient eine zweite Chance“, doch hierbei bin ich hin und her gerissen. Einerseits ist dies in den Grundzügen vergleichbar mit den Gefolgsleuten im Dritten Reich. Wie auch in der Terrororganisation gibt es verschiedene „Aufgaben“ die zu erledigen sind, einige schließen sich bereitwillig an, da sie sich was größeres davon erhoffen oder gar der Meinung sind, sie könnten dadurch die Lebensbedingungen verbessern und so auch ihre Familie schützen und vor größerem Unheil bewahren. Andererseits gibt es auch Anhänger die die Werte und Normen dieser Gesellschaft vertreten und auch gerne verbreiten möchten, dabei gehen sie oftmals radikal vor.
Bei der Frage ob ein Ex-Terrorist eine zweite Chance verdient bin ich der Meinung, dass dies im Einzelfall entschieden werden muss und nicht alle Ex-Terroristen über den gleichen Kamm geschert werden sollten, denn die einen glauben daran und die anderen folgen aus der Sorge um die Familie.
Trotzdem erweist sich die Idee im Einzelfall zu entscheiden als schwierig, denn wie bereits schon bei den Nürnberger Prozessen bekannt war, gibt es immer eine Person, die versucht ihr Motiv zu verdrehen und sich in einem Besseren Licht zu präsentieren.

Nun zu deinem Beitrag, ich finde du hast den Beitrag sehr gut geschrieben, er ist sehr informativ und interessant zu lesen. Ich hoffe du verstehst meine gespaltene Meinung zu diesem schwierigen Thema.

Hallo Iduna,
freut mich, dass du so eine interessante Thema ausgewählt hast. Natürlich ist niemand als Terrorist geboren sondern wurde zu einem durch familiär schwierigen und unsicheren Lebensverhältnis in Kindheit oder Jugend. Somit ist es auch mit Akzeptanz und Sicherheit verbunden. Sie erhielten nicht die Unterstützung, den Rückhalt, das Vertrauen, das andere Kinder erfuhren und das denen die Stärke gab, auch in schwierigen Situationen auf sich selbst zu vertrauen. Dieser Mangel an Stärke machte sie schließlich empfänglich dafür, sich Gruppen unterzuordnen, in denen sie akzeptiert wurden, bzw. das Gefühl der Akzeptanz gab.
Meiner Meinung nach hat jeder eine zweite Chance verdient und in diesem Fall müssten die Ex-Terroristen wissen damit umzugehen (hört sich vielleicht naiv an). Aber leider ist dies nicht immer der Fall.
Dein Beitrag war interessant zu lesen, du bist nicht nur auf eine Seite eingegangen und hast auch Beispiele gebracht, was ich sehr gut fand.

Hallo Iduna,
das ist ganz klar ein schwieriges Thema, weshalb es äußerst interessant war, deinen Beitrag zu lesen. Auch ich bin, wie viele andere, sehr unschlüssig, was das betrifft. Dein Beitrag hält all die wichtigen Punkte, die zu bedenken sind, gut fest. Wie du bereits zusammen gefasst hast, gibt es weder eine richtige, noch eine falsche Sicht, da das Thema viel zu umfangreich ist. Letztendlich sprechen wir hier über einzelne Individuen mit verschiedenen Hintergründen, Erfahrungen, Charakterzügen, Erwartungen und Hoffnungen. Zugegebenermaßen fällt es mir sehr schwer, abzuwägen, ob der Mensch ein gutes Herz besitzt oder nicht. Denn darum geht es meiner Meinung nach letztendlich: Die Abwägung zwischen gut und schlecht. Einerseits lässt sich die Vergangenheit nicht ändern. Andererseits stellt sich hier die Frage, ob man über einen genug starken Willen verfügt, die Sünden auszugleichen, auch wenn das nicht möglich ist. Klar kann man keine genommenen Leben zurückbringen, denn manche Dinge lassen sich einfach nicht wieder gut machen. Dennoch sehe ich bei starken Reuegefühlen die Spur von Hoffnung und Vergebung, ebenso wie wenn man bewusst versucht, in der Gegenwart gut und richtig zu handeln. Die Vergangenheit lässt sich zwar nicht ändern, sie zeigt aber trotzdem, wie man vielleicht nicht mehr als Mensch sein will und wie man nichtmehr handeln sollte.

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