Ist der Mensch Egoist?

„Ich bin Egoist“ – Wer würde das von sich selbst behaupten? Wahrscheinlich kaum jemand. „Egoisten sind schlechte Menschen, schließlich sehen sie nur nach sich selbst.“ Das ist, was man wohl hören würde, würde man sich nach Egoisten erkundigen. Aber wo beginnt Egoismus? Ist man nicht auch als Altruist, Egoist? Kann man in einer Welt wie unserer und als Mensch überhaupt leben, ohne Egoist zu sein?

Ich möchte im Folgenden zwischen zwei Arten von Egoismus differenzieren: Der einfache Egoist, der für sein eigenes Wohl handelt, dabei anderen aber nicht unbedingt schadet, und der Raffgieregoist, der nur dann Zufriedenheit erlangt, wenn er selbst wesentlich mehr besitzt oder kann als Andere.

Ich werde nicht behaupten, das die Menschen grundsätzlich Raffgieregoisten sind, denn Raffgieregoismus ist, meiner Meinung nach, eine narzistische Form des Egoismus. Aber ich behaupte, dass es keinen Menschen gibt, der nicht zumindest einfacher Egoist ist. Ein reiner Raffgieregoist nutzt jede Chance um durch das Unwohl anderer zum eigenen Wohl zu kommen. Das eigene Wohl steht im Wiederspruch mit dem Anderer. Folgende Situation ist hierfür ein Beispiel: Ein Schüler soll einem kranken Mitschüler die Unterrichtsmaterialien mitbringen. Er macht das aber absichtlich nicht, weil er möchte, das der Mitschüler Wissenslücken hat und in den Prüfungen schlechter abschneidet als er selbst. Er erhofft sich dadurch ein besseres Ansehen und bessere Chancen bei der Berufssuche. Ein Raffgieregoist ist also ebenso skrupellos wie unfair und möchte, um seinen Ego zu befriedigen, eine hohe soziale Stellung.

„Selbstliebe ist das stärkste, heiligste Band, welches uns mit der Menschheit verbindet und zusammenhält.“ Heinrich Martin

https://www.gratis-spruch.de/sprueche/id/27401

An Hand dieses Zitates möchte ich erklären warum ich behaupte, dass wir, wenn auch nicht in einer krankhaften Form, alle einfache Egoisten sind. Im ersten Moment könnte man denken, ein Egoist ist alleine am glücklichsten, schließlich kann er alles tun und lassen was er möchte. Das ist jedoch nicht der Fall. Eines unserer egoistischsten Bedürfnisse ist es, in einer gut funktionierenden Gruppe zu sein. Ein Mensch kann alleine nicht gut überleben oder Wohl auf emotionaler Ebene erlangen. Die Freundlichkeit mit der wir anderen Menschen gegenübertreten, ist also eine Folge unserer angeborenen Herdenbedürfnisse. Allein unser Selbstschutz und der seit jeher existierende Überlebenswille halten uns davon ab, aus Gruppen auszubrechen. Dieses Beispiel ist sehr abstrakt, schließlich ist man in unserer modernen Welt nicht mehr in gleichem Maße auf andere angewiesen, wie vor der neolithischen Revolution. Das Bedürfnis nach Akzeptanz und Anerkennung ist jedoch immernoch in uns vorhanden und muss, zu unserem emotionalen Wohl, befriedigt werden. Also ist der Wunsch, dass es meiner Gruppe, also Familie, Freundeskreis oder der Menschheit im allgemeinen, gut geht, weil es mir dann auch gut geht, egoistisch.

So ist auch zu erklären, warum selbst Altruismus in gewissem Maße auf einfachem Egoismus begründet werden kann. Auf der einen Seite steigt das Wohl des Individuums proportional mit dem der Menschheit. Je mehr Menschen beispielsweise eine gute Bildung erhalten, desto mehr Wissenschaftler gibt es und desto mehr kann geforscht werden. Das Individuum profitiert dabei vielleicht von eine neu entdeckten Medizin oder oder einer neuen Technologie. Auf der anderen Seite befriedigt Altruismus auch immer den eigenen Willen anderen zu helfen. Menschen helfen anderen, um ein besseres Ansehen zu haben oder um sich selbst vor schlechtem Gewissen zu schützen; dem Gedanken,dass man hätte helfen können, es aber nicht gemacht hat.

Das ganze ist eine Dilemmasituation. Man stelle sich vor, dass man zusammen mit einem fremden Kind alleine ist und es nur noch ein Stück Brot gibt. Einer kann das Brot essen und überleben, während der andere verhungern wird. Wie entscheidet man sich in einer solchen Situation? Isst man das Brot selbst, stirbt das Kind wegen dem eigenen, egoistischen Glauben, dass man es mehr verdient habe. Überlässt man dem Kind das Brot, entscheidet man sich aus egoistischen Gründen für den Tod, weil es für das emotionale Wohl schlimmer wäre mit der Schuld zu leben, als zu sterben. Egal wie man sich entscheidet, es gibt nur egoistische Möglichkeiten. Aus dieser Überlegung heraus stellt sich die Frage, ob der Egoismus mit der Existenz eines Wesens einher geht. Ist man, ab dem Moment, ab dem man ein Wesen ist, egoistisch? Der einfache Egoismus scheint mehr oder weniger die Antwort auf die Triebe des Menschens zu sein. Kann man sich nicht vom Egoismus lösen, weil er ein angeborener Selbsterhaltungtrieb ist? Was sagt Ihr dazu?

Klar ist, dass nur durch den einfachen Egoismus rücksichtsvolles Zusammenleben, wie in unserer Gesellschaft, möglich ist.

Quellen:

https://www.gratis-spruch.de/sprueche/Egoismus/tid/304

https://de.wikipedia.org/wiki/Egoismus

Gutes Video zu egoistischer Altruismus:

2 Kommentare

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Hallo Iduna,
ich finde dein Beitrag ist gut gelungen, da er informativ und wirklich interessant ist.
Ich finde deine These, der Altruismus sei eine Form des einfachen Egoismus sehr abstrakt, auch wenn es schlüssig ist. Trotzdem bin ich überzeugt, dass einige, wenn auch sehr wenige Menschen es schaffen wahrhaftig uneigennützig zu handeln. Dazu würde z.B. gehören alle Entscheidungen per Zufall zu treffen. Allerdings denke ich, dass der Selbsterhaltungstrieb auf dem Egoismus basiert und nicht anders herum. Ansonsten wäre Suizid nicht möglich, obwohl er definitiv auf egoistischen Motiven beruht.
Meiner Meinung nach sind die meisten Menschen einfache Egoisten, jedoch schlummert in den meisten auch ein Raffgieregoist. Dieser kommt öfters bei Kindern oder im Rauschgiftzustand zum Vorschein. Egoismus ist, finde ich, gesund, da wenn jeder ein wahrer Altruist wäre, die Welt eventuell auch nicht so viel einfacher sein würde. Trotzdem sollten die meisten ihren Egoismus ein wenig zurückschrauben oder sich schlicht neue Werte suchen, wie das Gefallenfinden an gemeinnütziger Arbeit.
Liebe Grüße 🙂

Hallo Iduna, ich finde du hast ein sehr interessantes Thema gewählt und einen gelungengen Beitrag dazu geschrieben. Ich habe mir auch schon oft Gedanken darüber gemacht, wie egoistisch ich wirklich bin. Vor allem das Beispiel mit dem Brot fand ich gut, da ich dabei auch überlegt habe, inwiefern es egoisotisch ist, sein Leben für eine andere Person zu opfern und ob man das nicht nur machen würde, um kein schlechtes Gewissen zu haben. Ein Gedanke, der mich auch des öfteren beschäftigt ist, ob man nicht auch aus egoistischen Gründen gläubig ist. Denn Hauptgründe warum ich gläubig bin sind, dass mir die Regeln und Gebote im Glauben Sicherheit bieten, dass ich weiß, dass Gott immer für mich da ist und mir meine Sünden vergibt und eben auch dass ich auf ein Leben im Himmel hoffe. Doch bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass diese Gründe alle egoistischen Hintergrund haben. Selbst das ehrenamtliche Engagement in der Kirche könnte darauf bezogen werden, dass ich später stolz auf mich sein kann und ein gutes Gefühl hab. Doch sollte Religion eigentlich nicht das Gegenteil von Egoismus sein? Doch was sollte man tun, wenn man nicht egoistisch handeln möchte? Hat man überhaupt eine Wahl? Wie du siehst, hat mich dein Beitrag wirklich zum Nachdenken angeregt.

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