Wahrheit und Lüge

Der Blick in die sozialen Netzwerke reicht oftmals aus um sie zu finden, die berühmt berüchtigten Fake News. Fake News sind nicht nur beliebt bei Verschwörungstheoretikern oder Personen die vermeintlich denken sie hätten ein Ufo gesehen, sondern leider auch bei berühmten Persönlichkeiten wie Donald Trump. Dies kann wiederum zu Missverständnissen führen, welche auch tödlich enden können wie beispielsweise das Einnehmen von Desinfektionsmittel gegen Covid-19.

Betrachtet man Fake News, kann daraus erschlossen werden, dass diese nicht anderes als eine Lüge sind. Eine Lüge wurde doch schon von jedem mal verwendet um die Wahrheit zu beschönigen oder um sich einen Spaß zu erlauben. Dennoch stellt sich mir die Frage, ist es moralisch vertretbar die Wahrheit absichtlich zu vertuschen und zu lügen? Und kann man die Lüge in verschiedene Stufen einteilen oder ist jede Lüge gleich schlimm?

Um die Lüge definieren zu können, muss erstmal der Begriff Wahrheit erläutert werden, denn die Lüge ist vermeintlich das Gegenteil von Wahrheit. Über den Begriff Wahrheit haben sich schon Philosophen in der Antike Gedanken gemacht, wie zum Beispiel Aristoteles. Laut Aristoteles bezieht sich die Wahrheit auf das Seiende, vereinte Objekte sind wahr beziehungsweise richtig. Also ist das Richtige die Einsicht, welche mit der Wissenschaft, der richtigen Meinung und der Wahrnehmung von spezifischen Objekten einher geht. Diese Eigenschaften liegen bei fast allen Lebewesen vor. Insbesondere das Wahrnehmungsvermögen ist bei der Wahrheit wichtig. Dieses Vermögen kann nicht wie die Vernunft vom Körper getrennt werden und somit nicht ohne Körper bestehen. Die Wahrnehmung wird von Aristoteles als die Form der wahrnehmbaren Formen beschrieben, zu dieser Form gehört die Wissenschaft, auch bekannt als die wißbare Wahrnehmung. Die Lüge hingegen ist laut Aristoteles das Nicht-Sein (Gespaltene) und das Nicht-Richtige, somit ist die Definition der Lüge das Entgegengesetzte zur Wahrheit, ebenso ordnet Aristoteles das Denken zur Lüge, denn das Denken kann fehlerhaft sein und somit nicht immer wahr sein.

Augustinus definiert die Lüge wie folgt, die Lüge ist mit dem doppelten Denken, welches den Sachverhalt betrifft, gleichzusetzen. Dies lässt sich anhand eines Beispiels erklären, Person A weiß wer das Buch geklaut hat (sein Freund C), dieses Wissen von dem A ausgeht, dass dies wahr sei, bringt A bei einer Lüge nicht zum Ausdruck, obwohl A weiß, was A sagt, sei unwahr und äußert es statt der Wahrheit, obwohl sich die Äußerung tatsächlich so verhält wie A es äußert. Die Lüge ist also eine Täuschungsabsicht, die dabei helfen soll die Wahrheit zu verschleiern, was wiederum dazu führt, dass die Lüge die natürlichen Sprachzwecke stört. Des Weiteren lehnt Augustinus die Lüge kategorisch ab und setzt sie mit einer Sünde gleich, da die Lüge immer unzulässig ist und die Wahrheit das höchste Gut ist.

Die Lüge kann nach Augustinus in acht Arten beziehungsweise acht Stufen eingeteilt werden. 1. Hauptlüge bei der religiösen Unterweisung 2. jemand ungerecht schädigen 3. einem anderen schaden, aber nicht in der Absicht ihn körperlich unrein zu machen 4. die Lust am Lügen und Täuschen 5. Lügen in schönen Reden 6. schadet niemand und nützt zugleich jemand 7. schadet niemand und nützt jemand nur durch eingeschränkte Bedingungen 8. schadet keinem und nützt zur Bewahrung von körperlichen Unreinheiten. Somit ist eine Lüge nicht immer direkt eine Todsünde, durch die Abstufungen ist zum Beispiel die Nutz- und Scherzlüge nur eine leichte Sünde. Den Begriff Wahrheit wird von Augustinus als Liebe, die Keuschheit des Leibes und die Reinheit der Seele verstanden sowie auch zu dem Begriff Wahrheit die Gottes- und Nächstenliebe gehören. Des Weiteren ist die Wahrheit eine Lehre, die Religion und Frömmigkeit vermittelt.

Thomas von Aquin sieht die Lüge im Gegensatz zu Aristoteles und Augustinus nicht als das Gegenstück zur Wahrheit an, sondern lediglich als ein entgegengesetzter Fehler, der mit der Wahrheit zugleich sein kann. Dennoch verstößt die Lüge gegen die Tugend der Wahrheit und steht somit im Gegensatz zur Wahrheit, wobei der direkte Gegensatz die Unwahrheit ist.

Abschließend lässt sich zur Wahrheit und zur Lüge sagen, dass schon viele Philosophen sich über die beiden Begriffe Gedanken gemacht haben. Ich finde, dass die Lüge in die verschiedenen Stufen unterteilt werden sollte und dann danach beurteilt werden sollte, ob die Lüge eine Sünde ist. Denn eine Scherzlüge wie am ersten April ist lange nicht so schwerwiegend wie eine Lüge von beispielsweise einem Präsidenten. So sollte man unterscheiden inwiefern die Lüge einen Schaden anrichtet und ob dadurch das Leben einer Person gefährdet wird. Wie seht ihr das, stimmt ihr den unterschiedlichen Definitionen der Lüge zu oder lehnt ihr die Definitionen ab? Findet ihr, man solle anhand der verschiedenen Stufen entscheiden wie schwerwiegend eine Lüge ist und findet ihr die Verbreitung von Lügen in sozialen Netzwerken in Ordnung?

  • Aristoteles: Über die Seele. 1995
  • Augustinus: Die Lügenschrift. 2013
  • Thomas von Aquin: Tugenden des Gemeinschaftslebens. 1943
https://youtu.be/yqtF3qxfLXw

2 Kommentare

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Hallo oekoesoe,
dein Thema ist wahnsinnig umfangreich und genau so aktuell und wichtig. Ich muss zugeben, dass ich Teile deines Beitrages nicht verstanden habe, da mir die Definitionen der Philosophen sehr komplex erscheinen. Ich hoffe, dass ich das Folgende richtig begriffen habe, ansonsten korrigiert mich bitte!
Ich finde Augustinus‘ Idee Lügen zu kategorisieren sehr gut. Seine Maßstäbe sind allerdings nicht unbedingt meiner Meinung entsprechend angelegt. Die Kategorien sechs bis acht finde ich schwierig zu unterscheiden. Ich würde die Maßstäbe eher folgendermaßen anlegen: Eine Lüge, die: – jemanden ungerechterweise großen Schaden zu fügt,
– jemandem ungerechterweise einen kleinen Schaden zufügt,
– Verwirrung stiften soll, nur dass der Verfasser sich daran erfreuen kann,
– niemandem schadet, aber den Vorteil Einzelpersonen maximiert,
– offensichtliche Ironie / Sarkasmus, welche niemanden schädigt,
– niemandem schadet, aber jemandem beim Überleben hilft.
Hiermit können meiner Meinung nach auch Fake News bewertet werden. Im Großteil aller Fälle finde ich es nicht richtig Lügen zu verbreiten, egal ob im Internet, in anderen Medien oder im echten Leben.
Diese Abstufung bezieht sich auf Lügen, welche mutwillig verbreitet werden, obwohl sich der Verfasser darüber im Klaren ist, dass er Unwahrheiten verbreitet. Eine andere Art von Lüge, ist die Unbewusste. Jeder hat sicherlich schon einmal etwas Aufgeschnapptes weitererzählt, was sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hat. In dem Moment in welchem man bei der Verbreitung dieser Unwahrheit jedoch beigetragen hat, war man sich nicht im Klaren über die Falschheit der Aussage. Im Bezug auf Aristoteles scheint mir seine Definition zu subjektiv. Er setzt darauf, dass jeder Mensch eine Wahrnehmung besitzt und diese ihm die Wahrheit offenbart. Das finde ich so nicht korrekt, da zu den meisten Angelegenheiten zwei Seiten gehören und das Betrachten einer Einzigen nicht genügt. Hier beflecken schnell kulturelle und ideologische Einflüsse sowohl Richtigkeit die Wahrnehmung als auch die Wissenschaft. Auch die Wissenschaft ist nicht stets objektiv. Wissenschaftler sind ebenso Menschen, welche auch unter mehreren Einflüssen stehen. Zusätzlich können Forschungsergebnisse oftmals auf mehrere Arten gedeutet werden, weshalb Wissenschaftler Ergebnisse unbewusst des Öfteren verdrehen, sodass diese in ihr Weltbild passen. Ein Beispiel hierfür ist der Nationalsozialismus. Die Rassenlehre und Ähnliches wurden auch als Wissenschaft und somit als die reine Wahrheit angesehen. Aus heutiger Sicht erscheinen die damaligen Überzeugen jedoch als komplett verdrehte Lügen, weshalb sich mir die Frage stellt, ob in 50 Jahren sich nicht auch einige unserer heutigen Überzeugungen als Unwahrheiten herausstellen werden.
Ich finde, dass bei dieser Diskussion, schnell eine Art Hybris einiger Menschen festgestellt werden kann. Um die Richtigkeit eines Vorfalls bewerten zu können, ist es unsinnig davon überzeugt zu sein alles besser zu wissen. Kommunikation ist hier der Schlüssel. Ich bin mir sicher, dass die Menschheit als Ganzes nur einen verschwindend kleinen Anteil der absoluten Wahrheit kennt, jedoch versperrt man sich mit Eingebildetheit den Großteil dieser kleinen Wahrheit. Hätten die Nazis nicht derart auf ihrer Meinung gepocht und die andere Seite betrachtet, hätte viel Unglück vermieden werden können.

Hallo Galanterie,
Zunächst muss ich dir recht geben, dass Thema ist ziemlich kompliziert und auch ich musste mich längere Zeit einlesen, bis ich alles verstanden hatte und um darüber schreiben zu können.
Du hast die Theorien richtig verstanden und gebe dir auch recht das diese gut Kategorisiert sind. Du meintest ja, wir könnten Fake News bewerten, dies sehe ich so, das jeder einzelne die Fake News selbst nur bewerten kann, da es ja auch auf unseren Charakter zurück zu führen ist und somit jeder Mensch anders damit um geht. Mit dem Beispiel wo jemand eine Lüge aufschnappt und diese weiter erzählt, führt dies nach meiner Meinung nach wieder darauf zurück wie Leichtgläubig und Naiv wir Meschen sind und hier mischen die Medien ganz besonders stark mit. Auch wenn jemand meint das er alles um sich herum nur mit seiner Meinung bewerten möchte, wird er immer wieder auf Lügen stoßen und auch selbst welche machen, keiner ist Perfekt. Im Grunde lebt uns unsere Welt das Lügen vor, jeder möchte perfekt sein und alles anstreben aber mit der Wahrheit kommt man heut zu Tage nicht mehr so einfach durchs Leben.
Du meintest auch, dass die Lüge zum Nationalsozialismus führen kann, dies ist möglich, doch man darf die Lüge nicht als Feind der Wahrheit sehen. Sondern die Lüge wird ja im Grunde gar nicht Wertgeschätzt, diese ´´hilft´´ ja eigentlich nur um eine Situation besser zu machen. Somit ist die Lüge ein Konstrukt welches in sich selbst zerfällt, weil diese sich selbst zerstört. Also zerstört die Lüge sich, durch sich selbst im Gegensatz zur Wahrheit.
Du meintest ja auch, dass die Wahrheit sich in den nächsten 50 Jahren ändern wird, doch nicht alles ist vergänglich. Also sollten wir im Hier und jetzt leben, uns dies aber nicht zu einfach machen indem wir nur auf Lügen bauen.
Liebe Grüße oekoesoe

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