Wir sind tolerant. Wir tolerieren Verhalten, Ideen und sogar Menschen. Toleranz: Das klingt immer gut. Ist das immer gut? Was ist überhaupt Toleranz? Wie beeinflusst Toleranz unser Verhalten anderen gegenüber? Sind wir gar nur tolerant, um uns selbst zu gefallen? Nach Reiner Forst lässt sich Toleranz (auch Duldsamkeit) in drei Aspekte gliedern. Zunächst gibt es die Ablehnungskomponente. Wenn man von Toleranz spricht, gibt es immer etwas, was einem persönlich missfällt. Dinge, die einem gefallen, muss man nicht ertragen. So gibt es mehrere Faktoren, die diesem Aspekt entsprechen, so z.B. politische Ablehnung, falls jemand die Meinung anderer nicht teilt. Dies wirkt beinahe „pervers“, da man für sich selbst erhofft, dass der andere nicht ablehnend gegenüber mir, bzw. meiner Meinung steht. So ist die eigene Intoleranz dadurch besonders hervorgerufen und fördert ein negatives Verständnis dessen, was überhaupt toleriert werden darf, kann oder soll. Des Weiteren, wird die Ablehnungskomponente durch die Akzeptanzkomponente ergänzt. Dies scheint nun gar nicht wirklich ins Bild zu passen, da Akzeptanz das Gegenstück von Ablehnung ist. Jedoch akzeptiert man eine Sache, die einem missfällt, ob man will, muss oder soll. Beispielsweise hat meine Freundin ein Tatoo, was mir nicht gefällt. Ich muss aber akzeptieren, da es sich nicht um das meinige handelt, sondern um das, einer anderen Person, dessen Lebensstil ich nicht teilen muss. Die dritte Säule ist die Zurückweisungskomponente. Ab einem bestimmten Punkt „reicht“ es einem. So zum Beispiel, wenn die Musik meines Nachbarn zu laut ist, oder sonstige Unannehmlichkeiten mich an mein Limit bringen. Hier bewegt man sich im Grenzbereich, wo das Akzeptieren durch das Zurückweisen ersetzt wird. Sie zeigt die Grenze dessen auf, ab wann wir etwas nicht mehr akzeptieren, bzw. dulden und annehmen. Alle drei Aspekte stecken sozusagen im Wort Toleranz und helfen den eigentlich sehr abstrackten Begriff „Toleranz“ genauer zu verstehen. Doch ist festzustellen, dass Toleranz negativer konogiert ist, als weithin angenommen. So setzt sie voraus, dass man die Vernuft besitzt, die eigene Ablehnung gegenüber dessen, was einen zum Ablehnen bringt, deutlich geringere Beachtung, bzw. Aufmerksamkeit schenkt, da man sonst, nicht mehr toleriert sondern diese ablehnt und die Tatsache, dass das Missfallen existiert, in den Vordergrund stellt. Deswegen läuft man eher Gefahr zu kokketieren, anstatt seinen eigenen Prinzipien treu zu bleiben. Tolerieren wir andere, um unsere eigene Individualität zu wahren? Oder tolerieren wir andere, um Konflikten schon im Vorhinein vorzubeugen – eine „Schönwettergesellschaft“ zu generieren, die nach außen hin harmonisch und friedlich erscheint? Was mit einer intoleranten Gesellschaft passiert, ist uns hierzulande aus der jüngeren Geschichte bekannt. Weltweit sind die Folgen von Intoleranz auch heute deutlich sichtbar. In einer Welt, die offen und globalisiert sein möchte, treffen wir dennoch auf Rassismus, Diskriminierung und Fremdenhass. Was wäre, wenn wir allen Mitmenschen unvoreingenommen entgegentreten würden? Was, wenn wir für jeden – unabhängig von Nationalität, Religion oder sozialem Stand – offen sind, wenn wir jedem seine verdiente Anerkennung zollen? Toleranz. Toleranz ist Harmonie, ist Anerkennung, ist aber vor allem Respekt – Respekt vor unseren Mitmenschen. Respekt, den wir genau so von ihnen erwarten, wie wir unseren Respekt ihnen entgegenbringen müssen. Was ist also Toleranz? Wie bin ich tolerant? Tolerant bin ich dann, wenn ich meinem Gegenüber auch dann mit Respekt gegenübertrete, wenn ich nicht derselben Meinung bin. Tolerant bin ich, wenn ich offen bin für neues, wenn ich niemanden für seine Meinung oder Haltung verurteile. Mit Toleranz zeige ich, dass ich ein klarer Gegner von Diskriminierung, von Hass und von Neid bin. Was also mit unserer Gesellschaft passieren würde – was mit einer Gesellschaft passieren würde, die „global“ sein möchte, ohne dass ich auch nur versuche, meinem gegenüber mit Freundlichkeit, mit Respekt, mit Toleranz entgegenzutreten – das kann sich jeder selbst ausmalen…
Quellen:
-Brockhaus Enzyklopädie Band 12 TO-UL (S.200-210)
– https://www.grin.com/document/458970
2 Kommentare
Kommentieren →Guten Abend,
ich finde, dein Beitrag umfasst den Begriff Toleranz sehr gut. Ich selbst bin der Ansicht, dass Toleranz einer der wichtigsten Werte und Normen ist, nach welcher man leben sollte, vor allem wenn man ein guter Mensch sein will. Toleranz vertritt meiner Meinung nach unter anderem Akzeptanz, Respekt und Verständnis, so wie du es bereits sehr schön festgehalten und erklärt hast. Wer tolerant handelt und dementsprechend denkt, hat meiner Meinung nach ebenso ein gutes Herz.
Liebe Grüße
Volvic
Hallo sexpistolesjupiter,
ich stimme dir vollkommen zu. Toleranz ist in unserer heutigen globalisierten Gesellschaft sehr wichtig. Im Gegensatz zu früher treffen verschiedene Kulturen immer öfter zusammen, was auch zu Meinungsverschiedenheiten führt. Diese können vor allem durch Religionen und traditionelle Bräuche zustande kommen. Ich persönlich finde es in manchen Situationen schwer, mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen, der eine komplett andere Denkweise wie ich hat.
Zudem finde ich, dass man mit Toleranz vorsichtig sein muss. In manchen Fällen bedeutet Toleranz etwas Gutes. Ich stelle meine eigene Meinung in den Hintergrund und akzeptiere die Ideen anderer, die gute Ergebnisse und Zufriedenheit ihrerseits erzielen können. In anderen Fällen kann Toleranz auch schlecht sein, zum Beispiel, wenn man Verstöße gegen das Gesetz zum Beispiel Rechtsextremismus unterstützt. Hierbei geht es vielleicht darum, dass man anderen Menschen nicht widersprechen möchte, weil man Angst vor ihrer Reaktion hat oder weil man sich schlichtweg bei ihnen beliebt machen möchte. Das Ergebnis ist nun die Verbreitung von gefährlichem Ideengut.