Prostitution: Schadet ein Verbot?

,,Nichts ist trauriger als eine Frau, die sich aus anderen Gründen auszieht als für die Liebe.‘‘, so laut Juliette Gréco. Sie spricht mit diesem Zitat explizit das umstrittene Thema Prostitution an. Doch wäre es besser, die sogenannte ,,Sexarbeit‘‘, welche gegen Entgelt sexuelle Handlungen vornimmt, zu verbieten oder legal bestehen zu lassen?

Viele Menschen fordern ein Verbot der Prostitution, mit der Begründung, sie sei ein fundamentaler Verstoß gegen die Würde des Menschen, wobei hier sowohl weibliche, als auch männliche Prostitution mit einbezogen ist. Doch warum sollte ein einvernehmliches Sexualverhalten gegen Bezahlung diskriminiert und verboten werden?

Ja, zum einen kann die Prostitution als Verstoß gegen unseren obersten Verfassungswert, die Menschenwürde, gesehen werden. Hierbei sollte man jedoch zwischen freiwilliger Prostitution und Zwangsprostitution differenzieren. Einerseits soll ein Mensch frei entscheiden können, wem und was man seinen eigenen Körper widmet. Viele behaupten, Prostituierte hätten keinen eigenen Willen, doch haben sie wirklich keinen eigenen Willen, wenn sie selbst über ihren eigenen Körper entscheiden? Wenn man eine Gruppe von Betätigten für ihre Entscheidung mit ihrem eigenen Körper diskriminiert, missachtet man anders betrachtet ebenso die Würde des Menschen.

In unserer Gesellschaft wird Prostitution auf der einen Seite mit Menschenhandel, Gewalt, Ausbeutung und Diskriminierung verknüpft. Auf der anderen Seite wird Prostitution als legale Arbeit anerkannt und positiver betrachtet. Doch man kann dieses umstrittene Thema nicht in zwei Seiten einteilen und pauschalisieren. Jede einzelne, in dem Bereich beschäftigte Person hat andere Gründe, der Tätigkeit nachzugehen. Eine Person kann selbstständig entscheiden, sich der Prostitution zu widmen, oder man hat diese Möglichkeit des selbstständigen Entscheidens eben nicht und es wird einem durch äußeren Einflüssen aufgezwungen. Einzelne, verschiedene Fälle zu generalisieren, indem man ihre Tätigkeit als normal und harmlos abstempelt, oder eben auch nicht anerkennt und diskriminiert, führt zur Banalität.

Beispielsweise berichtet eine Frau ihre Erfahrungen als Prostituierte, sie sehe keinen Grund dafür, sich anderweitig zu beschäftigen, weil ihre Tätigkeit ihr leicht fällt und ihr nie langweilig wird. Auch Ausbeutung, Drogen und Armut treffen auf ihr Edelbordell, welches Sie selbst führt, angeblich nicht zu. Die Frauen arbeiten selbstbestimmt und aus freiem Willen. Die Besitzerin nimmt hierbei nichts von dem Verdienst der Frauen ab, da es sonst Zuhälterei wäre. Auch müssen die Frauen nicht jeden Kunden bedienen, denn ein Rückzieher ist auch kurzfristig möglich.

Ein Gegenbeispiel ist eine andere Frau, welche bis heute gezeichnet ist, und ihre Prostitution mit Sklaverei vergleicht. Ihr Zuhälter tätowierte Sie mit einem sogenannten ,,Eigentumsstempel‘‘ am Rücken. Andere bekommen auch üblicherweise einen Barcode oder den Namen des Zuhälters tätowiert. Allein das beschreibt bereits die Nötigung vieler Prostituierten: Sie sind das Eigentum ihrer Zuhälter, für immer. Durch diese Zwangsprostitution werden viele Beschäftige traumatisiert und müssen schwere psychische Schäden erleiden und handhaben. Folgen der Prostitution sind beispielsweise über Monate und Jahre anhaltendes Kranksein, Essstörungen, Angstzustände und Depressivität. Des Weiteren gehören dazu dissoziative Zustände (Zustände, in denen die Betroffenen nichts empfinden konnten), Suizidversuche, fragliches Suchtverhalten, diverse Narben auf der Haut und Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) wie Schreckhaftigkeit, sich aufdrängende Gedanken und Bilder an das Trauma (Intrusionen) und eine sexualisierte Art von Affektisolation.

Auch die Psychotherapeutin Ingeborg Kraus wird mit dem Thema Prostitution konfrontiert. Sie behandelt Prostituierte, welche aufgrund ihrer Arbeit stark leiden. Frauen, die anfänglich meinen, sie würden den Job liebend gerne tun, verleugnen sich meist selbst, denn sie blenden aus, was genau mit ihnen passiert, und meinen, sie prostituieren sich freiwillig, wobei sie durch ihre schweren Erfahrungen nur gelernt haben, abzuschalten und sich selbst zu verleugnen. Viele Frauen sind sich am Anfang der Therapie nicht bewusst, was sie ausgesetzt waren. Während die Arbeit zuerst als problemlos erscheint, tauchen im Laufe der Therapie tiefe Verletzungen in den Biografien auf.

Wir können bis jetzt festhalten, dass im ersten Beispiel der Frau, welcher das Bordell gehört, eine positive Stellung zu ihrem Geschäft herrscht. Nachdem ich die anderen Erfahrungen der Psychotherapeutin gelesen und kurz zusammengefasst habe, gehe ich davon aus, dass wir uns nun alle die Frage stellen, ob sich die erste Frau bereits sehr stark im Akt der Verleugnung und des ,,Schön-Redens‘‘ befindet. Zwar kann in unserer Gesellschaft keine Gleichberechtigung herrschen, wenn wir einen Beruf verbieten, der eigentlich normal wie jeder andere sein sollte, doch innerhalb dieses Berufes können wir genauso wenig von Gleichberechtigung sprechen. Es wird gut geredet, den Körper einer Frau zu kaufen und zu nutzen, weshalb bei dem Käufer keine Schuldgefühle auftreten, sondern genau das Gegenteil der Fall ist. Da der Käufer für die Dienste bezahlt, sieht er sich schlussendlich im Recht, die gewünschte Gegenleistung zu fordern.

Durch die Beispiele wird deutlich bemerkbar, wie heikel es ist, über ein Verbot der Prostitution zu urteilen. Ein Gesetz wie etwa in Schweden, welches nicht die Prostituierten, sondern die Freier bestraft, macht nur den Akt des Kaufens von Sex illegal. Somit werden nicht die Prostituierten verantwortlich gemacht, sondern die Freier, die die Hauptursache für das Bestehen von Prostitution sind. Wenn weniger Personen die Dienste Prostituierter in Anspruch nehmen würden, würde die Zahl der Prostituierten zurückgehen.

Nichtsdestoweniger läuft man, wenn man nicht nur den Käufer bestraft, sondern ein allgemeines Verbot der Prostitution festlegt, eventuell der Gefahr aus, dieses Geschäft in den Untergrund zu drängen und folglich dessen nicht die Kritikpunkte, welche die Prostitution mit sich bringt, zu beseitigen, sondern die Situation der Prostituierten zu verschlimmern und zu erschweren. Mit dem Prostitutionsgesetz in Deutschland haben Prostituierte demgegenüber die Möglichkeit, sich nun regulär in den gesetzlichen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen zu versichern. Außerdem wirkt sich das Gesetz auf das Strafrecht aus, und somit auch auf das Zivilrecht.

Ich persönlich finde es schwer, darüber zu urteilen, ob ein Verbot der Prostitution sowohl von Frauen als auch von Männern schadet. Für viele freiwillige Prostituierte wird ihr Geschäft als Chance angesehen, für unfreiwillige Zwangsprostituierte nimmt es schwere Folgen mit sich, sowohl psychisch als auch körperlich. Es ist hierbei unerlässlich, über die psychischen Hintergründe und die Auswirkungen von Situationen nachzudenken. Wenn eine in der Prostitution beschäftigte Person tatsächlich ohne Verleugnung der Ansicht ist, dieses Geschäft wäre gut, leiden demgegenüber Andere daran. Mit einem Verbot würden die Zahlen zwar sinken, aber es lässt sich keinesfalls ausschließen, dass sowohl freiwillige Prostitution, als auch Zwangsprostitution illegal ausgeübt werden. Ich vermute, dass Betroffene aufgrund eines Verbotes viel stärker in eine Sackgasse und Aussichtslosigkeit gedrängt werden, weshalb man das Problem an der Wurzel greifen sollte: Die Verleugnung und den Zwang von äußeren Einflüssen und persönlichen Hintergründen nachgehen, anstatt Prostitution gesetzlich zu verbieten.

Das anfängliche Zitat von Juliette Gréco versucht diese moralische Zwangslage zusammenzufassen. Letztendlich steckt etwas Wahrheit in dem Aspekt der Traurigkeit, dass Menschen auch anderen Gründen als der Liebe ausgesetzt sind und teils keine andere Möglichkeit sehen, ihr Leben zu handhaben.

Ich denke, wir alle sind uns der Tatsache bewusst, wie vielseitig das Thema Prostitution ist, weshalb es mich interessiert, was ihr von einem Verbot der Prostitution haltet und auf welche Aspekte ihr weiter eingehen wollt. Wenn ihr die Berichte und Erfahrungen der drei oben beschriebenen Frauen ausführlicher nachlesen wollt, findet ihr sie hier unter diesen Links:

Beispiel positive Erfahrungen:

https://www.cosmopolitan.de/amp/erfahrungen-als-prostituierte-ich-war-gerne-eine-hure-eine-studentin-berichtet-81661.html

Beispiel negative Erfahrungen:

https://www.trauma-and-prostitution.eu/category/wissenschaftliche-texte/erfahrungsberichte/

https://bvvp.de/2020/09/07/prostitution-macht-krank/

Psychotherapeutin Ingeborg Kraus:

https://www.spiegel.de/gesundheit/sex/prostitution-was-sexarbeit-anrichten-kann-a-00000000-0003-0001-0000-000002034187-amp

Quelle Zitat/weitere Quellen:

http://zitate.net/prostitution-zitate

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Prostitution

2 Kommentare

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Hallo Volvic,
Ich finde, dass dein Beitrag über Prostitution sehr gelungen und auch übersichtlich gestaltet ist. Du hast vor allem die Konsequenzen der Branche sachlich und detailliert dargestellt hast um die Folgen für Prostituierte zu verdeutlichen und um zu zeigen, dass die Branche nicht wirklich positiv betrachtet werden kann.
Wie du bereits in deinem Text dargelegt hast, denke ich auch,, dass ein Verbot die Lage der Zwangsprostituierten verschlimmern würde. Des Weiteren könnte ein Verbot zu einer gleichen Situation wie in Amerika während der Prohibition führen.
Auf der anderen Seite gibt es Gesetze die die Prostituierten eigentlich schützen sollten, dennoch benötigen diese eine Überarbeitung. Dennoch könnte ein Verbot helfen den Menschenhandel und die Zahlen der Vergewaltigungsopfer mindern
Abschließend bin ich der Meinung, dass ein Verbot die Lage der Zwangsprostituierten und der freiwilligen Prostituierten verschlechtern würde.

Hey oekoesoe,
ich habe bereits auch darüber nachgedacht, ob ein Verbot helfen kann, die Zahlen der Vergewaltigungsopfer zu mindern. Ich kann jedoch nicht genau nachvollziehen, weshalb ein Verbot von Prostitution dabei helfen soll, bzw. in welcher Hinsicht du das genau meinst. Ich habe lange überlegt, ob ich über den Aspekt der Vergewaltigungen schreiben soll. Viele begründen, dass Prostitution gegen Vergewaltigungen hilft, da Menschen mit bestimmten Bedürfnissen und ungewöhnlichen Vorlieben lieber zu Prostituierten bzw. in ein Bordell gehen. An sich klingt es zuerst plausibel und einleuchtend, dass Leute lieber ins Bordell gehen, als irgendjemandem ihre Bedürfnisse gegen den Willen des anderen aufzuzwingen. Je länger ich jedoch darüber nachgedacht habe, desto weniger Sinn ergab es für mich. Ist es moralisch tatsächlich korrekter, seine Vorlieben bei einer Prostituierten auszuleben? Bei Jemanden, bei dem man nicht weiß, ob diese Person ihren Körper aus Not oder aus anderen Gründen ungewollt hergibt? Wir können ja schlecht davon ausgehen, dass jemand, der diesen Job ausübt, direkt damit d’accord ist, sich in sexueller Hinsicht herzugeben. Ich habe das Argument, dass Prostitution die Zahl der Vergewaltigungsopfer mindert, nicht gegen den Verbot dargelegt, da ich es gleich stelle, ob man zu einer Zwangsprostituierten geht oder eine Vergewaltigung vollzieht. Im anderen Sinne wird es somit sogar legitimiert, dass der Käufer im Gegenzug für sein Geld Anspruch auf einen fremden Körper hat, auch wenn die betroffene Person innerlich nicht einverstanden damit ist, aber das Geld braucht. Auch umgekehrt funktioniert es folglich dessen für mich nicht, dieses Argument für einen Verbot darzulegen. Wie bereits in meinem Beitrag erklärt, würde es das Problem der Vergewaltigungen nicht beseitigen, sondern weiter in die Anonymität und in den Untergrund drängen.
Liebe Grüße
Volvic

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