Inwiefern verstößt die Ein-Kind-Politik Chinas mit ihren Folgen gegen die Menschenrechte?

Die Ein-Kind-Politik Chinas wurde 1979 von der chinesischen Volksrepublik eingeführt und 2015, also 36 Jahre später, wieder aufgehoben. Seitdem waren bis zu zwei Kinder erlaubt, seit kurzem darf jedes Paar wieder bis zu drei Kinder bekommen.

Eingeführt wurde die Politik auf Grund eines extrem hohen Bevölkerungswachstums, welches zu massiven Wirtschafts- und Versorgungsproblemen führte. Zwischen 1959 und 1961 kam es beispielsweise zu der größten Hungersnot der Menschheit, infolge welcher mindestens 35 Millionen Menschen in China starben.

Statistik Quelle (1): https://crp-infotec.de/wp-content/uploads/china-einwohner-einkind.jpg    (Sü: Bild entfernt, Urheberrechtsverstoß!!!)

Dieses hohe Bevölkerungswachstum wird in der Statistik „Bevölkerung China“ deutlich veranschaulicht, denn sie zeigt, dass sich die chinesische Bevölkerung von 1950 bis Mitte der 70-er Jahre fast verdoppelte (blaue Kurve). Auch wird die Hungersnot durch einen kleinen Einsturz der Bevölkerungskurve zwischen den Jahren 1959 und 1961 veranschaulicht. Die Wachstumskurve (rote Kurve) bricht während dieser Zeit stark in den negativen Bereich ein, aber steigt nach der Krise von fast -1,0 Wachstum innerhalb von zwei bis drei Jahren auf eine Wachstumsrate von ungefähr 3,25 an.

Während der Laufzeit der Politik durfte also jedes Paar nur noch ein Kind bekommen. Um die Einhaltung der Bevölkerung zu garantieren, wurden sowohl Belohnungen als auch Sanktionen eingeführt. Beispielsweise wurden monatliche Prämien für Ein-Kind-Familien bis zum vierzehnten Lebensjahr eingesetzt. Auf der anderen Seite gab es hohe Geldstrafen für Familien mit mehr als einem Kind und tiefe Einschränkungen für die sogenannten „Schattenkinder“, zum Beispiel im Bildungs- und Gesundheitsbereich.

Dies nahm die Volksrepublik China in Kauf um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren. Das Programm war in diesem Sinne erfolgreich, was die Statistik „Bevölkerung China“ zeigt. Denn die Wachstumsrate der Bevölkerung stieg zwar nach der Einführung der Ein-Kind-Politik erst an, allerdings sank diese zwischen 1987 und 2010 kontinuierlich, wodurch die Wachstumsrate zuletzt bei 0,5 lag.                             

Trotz der Erfolge mit der Reduzierung des Bevölkerungswachstums entstanden durch die Ein-Kind-Politik viele neue Probleme, mit denen ich mich im Folgenden beschäftigen werde. Außerdem will ich die Frage beantworten, inwiefern die Ein-Kind-Politik Chinas gegen die Menschenrechte verstößt.

Die Menschenrechte bestehend aus 30 Artikeln sind von den Vereinigten Nationen 1948 bestimmt worden, zu denen China seit 1945 gehört. Im weiteren Verlauf werde ich einzelne Menschenrechte auswählen und die Verstöße Chinas im Hinblick auf diese erläutern. Es geht dabei nicht nur um die Ein-Kind-Politik selbst, sondern auch um die Folgen, die diese mit sich zog.

Der dritte Artikel in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt folgendermaßen: „Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.“ In China wurde vor allem die Freiheit in Bezug auf schwangere Frauen stark missachtet, denn es kam häufig zu Zwangsabtreibungen gegen den Willen der Frau bei Schwangerschaften mit einem zweiten oder drittem Kind. Und es war nicht selten der Fall, dass diese Abtreibungen in späten Monaten der Schwangerschaft stattfanden, beispielsweise im achten Monat. Außerdem wurde die Freiheit und Sicherheit von vielen neugeborenen Mädchen missachtet, denn in China zählen Jungen traditionell mehr als Mädchen und werden als bessere Arbeiter und Versorger angesehen, weswegen sowohl Neugeborene getötet als auch Föten abgetrieben wurden aufgrund des Geschlechts.                                                                          

Der vierte Artikel, der wie folgt lautet: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.“, beziehe ich auf den Mangel an Frauen in China: 2015 gab es in China 106,3 Männer zu 100 Frauen. Es handelte um das größte Geschlechterungleichgewicht weltweit. Dieser Mangel an Frauen führt in China bis heute zu einem Mädchen- und Frauenhandel. Vor allem chinesische Mädchen und Frauen, aber auch Mädchen und Frauen aus Chinas Nachbarländern sind von den Auswirkungen der Ein-Kind-Politik betroffen. Die Frauen werden zum Beispiel mit falschen Versprechungen wie Jobangebote angelockt, dann aber entführt und an chinesische Familien verkauft. Oft werden die Opfer in Folge dessen eingesperrt und vergewaltigt, bis sie schwanger werden. In anderen Fällen kaufen sich mehrere Männer oder eine ganze Dorfgemeinschaft zusammen eine Frau, wenn sie sich nicht eine Frau für sich allein leisten können. Dabei geht es weniger um die Sicherstellung eines Nachfolgers, sondern um sexuelle Befriedigung. Geschätzt wurden 2013 täglich um die 500 Mädchen und Frauen verkauft.

Statistik Quelle (2): https://crp-infotec.de/wp-content/uploads/china-einwohner-alter.gif (Sü: Bild entfernt, Urheberrechtsverstoß!!!)

Dieser „Vergleich der Altersstrukturen“ von 2019 zwischen China und Deutschland zeigt das Geschlechterungleichgewicht in China eindeutig auf. Als Beispiel wurde in der Grafik die Altersgruppe zwischen fünfzehn und zwanzigjährigen ausgewählt: während der Anteil der männlichen Bevölkerung in diesem Alter bei ungefähr 50 Millionen liegt, handelt es sich bei den Frauen um ungefähr 43 Millionen. Es zeigt sich also, dass es allein in diesem Bereich von fünf Jahren ungefähr sieben Millionen mehr Männer gibt.

Der Artikel 15: „1. Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit. 2. Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wechseln.“ ist ein weiterer Kritikpunkt an der Ein-Kind-Politik, denn viele „Schattenkinder“ erhalten keinen chinesischen Ausweis und sind damit auch keine offiziellen Staatsbürger. Die Staatsangehörigkeit erhalten sie somit nicht, wodurch die Kinder versteckt leben müssen. „Gemäß Art. 1 des UNO-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen wird eine Person als staatenlos bezeichnet, «die kein Staat auf Grund seiner Gesetzgebung als seinen Angehörigen betrachtet.“. Die Gesetzgebung ist in diesem Fall die Ein-Kind-Politik.

Der sechsundzwanzigste Artikel bezieht sich auf die Bildung: „1. Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muss allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.“. In China haben die „Schattenkinder“ kein Recht auf Bildung, weshalb viele jeden Tag die Grenze nach Hongkong überquerten, um zur Schule gehen zu können. Dies war möglich wenn die Mütter der Kinder diese in Hongkong auf die Welt gebracht hatten und sie sich deshalb der Ein-Kind-Politik entziehen konnten. Allerdings gibt es viele andere zweit- oder drittgeborene Kinder, die in China geboren sind und dadurch gar keine Bildung erhalten.  

Auch Jeremy Bentham, der als Begründer des Utilitarismus zählt, hätte sich wie die chinesische Regierung meiner Meinung nach für die Ein-Kind-Politik entschieden. Der Utilitarismus bezieht sich auf die Folgen einer Handlung und sein Ziel ist das größte Glück für die größte Anzahl an Menschen. Im Umkehrschluss gilt es das größte Leid zu verhindern. Jeremy Bentham hätte sich für die Ein-Kind-Politik entschieden, denn durch das Nicht-Eingreifen der chinesischen Regierung wäre die Bevölkerung weiter extrem stark angewachsen und hätte zu einer noch größeren Notsituation in Versorgung und Wirtschaft geführt. Er hätte das größte Leid in den vielen sterbenden Menschen und deren Familien gesehen und von den schrecklichen Folgen wie beispielsweise dem Frauenhandel abgesehen, da dieses Leid nicht über das von mehreren Millionen Toten hinausreicht.

Meiner Meinung nach war die Ein-Kind-Politik Chinas nicht die richtige Entscheidung um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren, da durch die Politik viele neue Probleme entstanden sind, die eindeutig gegen die Menschenrechte verstoßen. Die Theorie der Politik ist, denke ich, nicht schlecht, denn die Bevölkerung in China ist zu schnell zu rasant angewachsen um Versorgung für alle zu garantieren. Allerdings sind die Folgen der Politik für viele Menschen so gravierend, dass ich die Politik als eine Fehlentscheidung ansehe. Eventuell hätte eine kürzere Laufzeit der Politik schon gereicht, denn dadurch wären beispielsweise die Langzeitfolgen wie der Frauenmangel nicht in diesen großen Maßen entstanden. Aktuell sind sogar wieder drei Kinder erlaubt, da das Wirtschaftswachstum durch den Geburtenrückgang gefährdet ist. Auch leidet das Land unter der Überalterung und dem Männerüberschuss. All diese Faktoren beweisen nach meinem Empfinden, dass die Ein-Kind-Politik zu lange angedauert hat und die Politik dadurch gegen zu viele Menschenrechte verstoßen hat, was verhindert hätte werden können.

QUELLEN:

           

Vereinigte Nationen: https://unric.org/de/mitgliedstaaten/

Menschenrechte:

https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte  

https://www.un.org/depts/german/menschenrechte/aemr.pdf

Abtreibung und Tötungen:

https://www.deutschlandfunk.de/erzwungene-abtreibung.799.de.html?dram:article_id=120406    

http://www.strassenkinderreport.de/index.php?goto=503&user_name

Mädchen- und Frauenhandel:

https://programm.ard.de/TV/arte/bloss-keine-tochter-/eid_28724735581658

https://www.hrw.org/de/news/2019/03/21/myanmar-frauen-und-maedchen-als-braeute-nach-china-verschleppt

https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2014/China-Maedchenhandel-100.html

Staatsangehörigkeit: https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/kinder/staatenlose-kinder-kinderrechtswidriger-status

Allgemein:

https://www.igfm.de/china-ein-kind-politik/       

https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte_in_der_Volksrepublik_China#Ein-Kind-Politik                                

https://www.klett.de/alias/1083022                                                         

https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/317830/ein-kind-politik                                                                    

 https://www.grin.com/document/59387        

Aktuell: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/china-geburtenpolitik-drei-kinder-100.html

Dokumentationen:

https://www.youtube.com/watch?v=ycT7E_ZfW4o

https://www.youtube.com/watch?v=nrOgPy1RVBg

https://www.youtube.com/watch?v=rxv_SS2yups     

https://www.youtube.com/watch?v=YnQwBTHP4io  

https://www.youtube.com/watch?v=75Jq9Jlq3iM

1 Kommentar

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Ich persönlich halte das Konzept an sich nicht für unethisch, denn meiner Meinung nach sollten die Menschen angesichts der Überbevölkerung und des Klimawandels nicht so viele Kinder bekommen. Abgesehen davon denke ich, dass das Problem in der Durchsetzung der Regel liegt. Es wäre unmöglich, sie zu stoppen, ohne andere Grundrechte zu verletzen. Die einzige Möglichkeit, eine solche Politik durchzusetzen, wäre Zwangssterilisation und/oder Zwangsabtreibung, was alles erschreckend unethisch ist, weil es die Durchführung einer Operation an einem unwilligen Patienten beinhaltet. Es wäre schwierig, auf andere Durchsetzungsmaßnahmen zurückzugreifen, da die Verhängung von Gefängnisstrafen oder die Verhängung von Geldstrafen neben anderen Strafen für die Tatsache, dass sie zu viele Kinder haben, dazu führen wird, dass die Zahl der Kinder, die in Armut und in Waisenhäusern leben, zunimmt.
Das einzig mögliche Mittel zur Durchsetzung, das meiner Meinung nach nicht explizit unethisch ist, wäre die Ermutigung von Frauen, alle paar Monate nach ihrem ersten Kind eine Verhütungsspritze zu bekommen. Es geht um die Frage, ob gesellschaftlich geförderte oder erzwungene Injektionen ebenso unethisch sind wie erzwungene Operationen, was allgemein umstritten ist, da wir bereits eine Zwangspolitik in Bezug auf Impfungen haben (aus gutem Grund). Allerdings müsste selbst dies die Tatsache berücksichtigen, dass bei einigen Menschen negative Nebenwirkungen der Empfängnisverhütung auftreten würden, und es müsste auch die Misserfolgsrate berücksichtigt werden. Außerdem führt die Verhütungsimpfung bei allen Frauen zu einem Verlust der Knochendichte, und es ist ein großes Problem, Menschen dazu zu zwingen, diese Nebenwirkung zu akzeptieren, insbesondere wenn sie geschlechtsspezifisch ist.

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