Die Problematik der Sterbehilfe ist und bleibt ein aktuelles so wie kontroverses Thema. Jedes Leben findet irgendwann ein Ende und der Mensch ist sich seiner Sterblichkeit bewusst. Es ist völlig natürlich, dass wir uns im Laufe des Lebens viele Gedanken über den Tod machen. Sicher auch, weil wir in unserem Leben häufig mit dem Tod konfrontiert werden. Jeder Mensch wünscht sich einen friedlichen und würdevollen Tod. Allerdings bietet uns die Realität häufig ein anderes Bild. Heutzutage sterben über die Hälfte der Menschen im Krankenhaus. Grund dafür ist, dass immer besser werdende Gesundheitssystem und die sich stetig weiterentwickelnde Pharmaindustrie. Durch ein großes Spektrum an Medikamenten können Krankheiten besser behandelt und die Lebensdauer deutlich verlängert werden. Doch ist es immer sinnvoll, bei Patienten mit derartig starken Schmerzen und großem Leid um jeden Preis und mit allen Mitteln die Lebensdauer zu verlängern, oder ist der Mensch auch in bestimmten Fällen am Limit und es wäre besser das Leid und die Schmerzen zu beenden, indem man Sterbehilfe anwendet?
Der Begriff Sterbehilfe ist in drei Formen zu unterscheiden. Bei aktiver Sterbehilfe, ist der Arzt aktiv für das Sterbe des Patienten verantwortlich. Der Arzt führt die Sterbehilfe aktiv beispielsweise mit einer Giftspritze oder anderen Medikamenten durch. Diese Form der Sterbehilfe ist in Deutschland verboten, jedoch in Ländern wie den Niederlanden oder der Schweiz legal.
Eine weiter Forme ist die passive Sterbehilfe. Bei der passiven Sterbehilfe kann ein Ärzteteam bei einer aussichtlosen Situation lebenserhaltende Maschinen abstellen und somit der Patient vom Leid befreien. Das ist in Deutschland erlaubt.
Die letzte Form der Sterbehilfe ist die indirekte Sterbehilfe, oder auch assistierter Suizid genannt, wobei der Arzt dem Patienten eine Überdosis von Medikamenten bereitstellt, die aber der Patient eigenständig zu sich nehmen muss. Diese Form befindet sich in Deutschland in einer ,,Grauzone‘‘ und bringt oft rechtliche Konsequenzen für die Ärzte, denn v.a. durch den sog. ,,hippokratischen Eid‘‘ sind Ärzte verpflichtet , den Menschen zu helfen und sie am Leben zu halten. Das Bereitstellen einer Überdosis kann somit eine Anklage, wegen Beihilfe zum Tod oder Unterlassener Hilfeleistung mit sich bringen.
Viele Menschen, darunter meistens Schwerstkranke erhoffen sich durch die Sterbehilfe einem friedlichen, würdevollen und schnellen Tod.
Prof. Dr. Ralf Stöcker, Professor für praktische Philosophie an der Universität Bielefeld hat sich sehr viel mit den Themen medizinische Ethik, Leben und Tod sowie Menschenwürde befasst und ist der Meinung, dass durch die Sterbehilfe kein würdevoller Tod garantiert werden könne. Stöcker erläutert in der Dokumentation ,,Sterbehilfe: Ein Recht auf den Tod? (Ganze Folge) | Quarks‘‘, dass man statt der Sterbehilfe mehr in Hospize oder in die palliative Medizin investieren müsse, denn dort wird erfahrungsgemäß, durch eine würdevolle und hoffnungsvolle Betreuung, der Leidensweg der Patienten deutlich angenehmer gemacht.
Vor einigen Jahren machte eine Todkranke junge Frau mit einem tödlichen Hirntumor weltweit Schlagzeilen. Die damals 29-jährige Brittany Maynhard hatte öffentlich ihren Todestag im Internet angekündigt. Brittany wollte, wie der Spiegel in einem Bericht schreibt, in Würde sterben und den Zeitpunkt ihres Tods selbst bestimmen. Mit den Worten „Heute ist der Tag, den ich gewählt habe, um angesichts meiner unheilbaren Krankheit mit Würde dahinzuscheiden…‘‘ machte sie ihren Tod in den sozialen Medien publik. Mit Unterstützung der Sterbehilfe-Organisation Compassion & Choices beendete die junge Amerikanerin ihr Leben und umging so einen qualvollen Leidensweg. Dieser Fall führte zu vielen Debatten.
Doch liegt der Wunsch nach einem würdevollen Tod eventuell auch an unserem verzerrten Menschenbild in der heutigen Gesellschaft? Prof. Dr. Stöcker ist der Meinung, dass heutzutage jeder Mensch stark, schön und im Kopf fit sein muss. Außerdem fordert die Gesellschaft, dass jeder Mensch möglichst unabhängig leben sollte. Stöcker erklärt, dass die Menschen mit ihrer Würde vereinbaren müssen, dass der Mensch auch schwach sein könne und nicht perfekt ist. Der Mensch muss verstehen, dass das Leben in verschiedenen wegen würdevoll gelebt werden kann. Der Mensch darf abhängig sein. Beispielsweise von Maschinen oder von Pflegepersonal, so Stöcker.
Über 77% der Deutschen sind nach Umfragen für eine mögliche Beihilfe zum Tod. Allerdings behaupten 74% davon sie seien schlecht informiert. Angenommen die aktive Sterbehilfe wird in Deutschland legalisiert, so könnte man möglicherweise mehr und einfacher Patienten von ihrem starken Schmerzen befreien. Allerdings könnte dies zur Folge haben, dass die Sterbehilfe dem Patienten durch Familie oder Ärzte aufgezwungen wird, sodass eine Art sozialer Druck den Patienten zu einer Entscheidung drängen würde. Der Patient wird als eine Art Belastung dargestellt. Ebenfalls könnte die Sterbehilfe als abschließende Lösung für medizinisch sehr komplizierten Fälle gesehen werden. Eine weitere mögliche negative Konsequenz bei einer solchen ,,Sterbehilfe-Eröffnung‘‘ könnte die Einstellung der Ärzte zur Sterbehilfe deutlich verändern und den Umgang damit erheblich ,,auflockern‘‘. Der Arzt würde immer weniger zögerlich die aktive Sterbehilfe durchführen und schließlich würde er dann das Vorliegen der Voraussetzung und die Parameter für die Durchführung der Sterbehilfe selbst beurteilen und somit möglicherweise missbrauchen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jeder Mensch ein Recht auf die Entscheidung haben sollte, zu leben oder nicht.
In einigen Fällen, sind Patienten so krank und leiden unter sehr starken Schmerzen, dort ist die Sterbehilfe, sofern sie der Patient wünscht, wahrscheinlich die bessere Lösung, als der krampfhafte Versuch die Lebensdauer mit allen Mitteln der Medizin zu verlängern. Allerdings kann man auch Familien oder Angehörigen von Patienten verstehen, die noch möglichst viel Zeit mit ihrem Familienmitglied oder Freund haben möchten. Da in nahezu allen Fällen, das Abschiednehmen von nahestehenden Personen alles andere als leicht ist.
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Quellen
https://www.youtube.com/watch?v=_OqWQbbXiLw (29.12)
https://de.wikipedia.org/wiki/Brittany_Maynard (29.12)
https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/content/titleinfo/206243/full.pdf (29.12)
https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/philosophie/personen/stoecker/ (29.12)
https://www.uniklinikum-jena.de/kim2/Palliativmedizin/Was+ist+Palliativmedizin_-p-278.html (29.12)
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/brittany-maynard-krebskranke-amerikanerin-begeht-suizid-a-1000674.html (01.01) peen44
3 Kommentare
Kommentieren →Hi,
“Das Leben ist ein Angebot, das man auch ablehnen kann.” schrieb Juli Zeh in Corpus Delicti.
Ich bin auch der Meinung, dass jeder darüber entscheiden dürfen sollte, ob er/sie leben möchte oder nicht.
Deshalb finde ich es auch, dass jeder Suizid begehen dürfen sollte, wenn er/sie sich dazu entscheidet.
Die Sterbehilfe, sowohl aktiv als auch passiv, sollte auf alle Fälle legalisiert werden.
Hey WissenistMacht,
das Thema Leben und Tod ist ja über Jahre hinweg ein großes Thema, allerdings sollte mehr über Sterbehilfe geredet werden, also gut, dass du das ansprichst. Die Sterbehilfe ist meiner Meinung etwas, dass als nichts schlechtes oder böses gesehen werden sollte, es sollte stattdessen die Entscheidung des sterbenden Menschen respektiert werden. Denn für viele Menschen, die bereits jahrelang todkrank sind und dauerhaft Schmerzen haben, ist die Sterbehilfe eine Erlösung vom Schmerz. Außerdem sollten wir in der Gesellschaft allgemein mehr die Meinungen und Entscheidungen anderer respektieren können.
Hey WissenistMacht,
Das ist wirklich ein sehr interessantes Thema zu dem ich auch Stellung beziehen möchte. Ich bin ebenso der Meinung, dass jeder Mensch ein Recht auf die Entscheidung haben sollte, zu leben oder nicht. Wie du bereits sagtest gibt es sehr viele Menschen, die an starken Krankheiten oder zu hohem Alter leiden. Für diese Menschen finde ich es richtig ihnen die Entscheidung zu geben sich ihres Leides zu erlösen, sofern sie dies aus eigener Entscheidung getroffen haben. Sieht man sich nun aber die sich häufenden Fälle von depressiven Menschen, welche sich gerne das Leben nehmen wollen, so finde ich hat ihnen vor der Entscheidung auf jeden Fall zu helfen höchste Priorität. Scheint aber der Ausweg als unmöglich kann man auch diesen Menschen, welche unter psychischen Erkrankungen leiden nicht verbieten den Leiden ein Ende zu bereiten. Außerdem ist diese Art ein Leben zu beenden deutlich friedlicher als in der Öffentlichkeit Suizid zu begehen, was leider zu häufig passiert.