Im Fahrersitz der Moral – autonomes Fahren

Die Zukunft des autonomen Fahrens im Straßenverkehr verspricht Sicherheit und Bequemlichkeit, wirft jedoch auch Fragen auf, die tief in unsere Vorstellung von Ethik und Verantwortung eingreifen.

Wie sollen Fahrsysteme, die keine moralischen Prinzipien besitzen, in potenziell lebensbedrohlichen Situationen entscheiden? Sollte man aufgrund dessen autonomes Fahren überhaupt zulassen?

Es ist vorerst wichtig, zwischen assistiertem, automatisiertem und autonomem Fahren zu unterscheiden, weswegen autonomes Fahren in fünf verschiedene Stufen eingeteilt wird:

Level 1 – assistiertes Fahren
In diesem Level gibt es Systeme, die den Fahrer bei bestimmten Fahraufgaben unterstützen, wie etwa Geschwindigkeitsregelung (Tempomat) oder Spurhalteassistenz. Der Fahrer muss jedoch ständig die Kontrolle über das Fahrzeug behalten und ist für das Fahren verantwortlich.

Level 2 – teilautomatisiertes Fahren
Im zweiten Level können die Systeme manche Fahraufgaben zeitweilig selbst ausführen, da verschiedene Einzelsysteme miteinander kombiniert werden, wie beispielsweise lenken und beschleunigen/abbremsen. Der Fahrer muss jedoch wachsam bleiben und jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen können.

Level 3 – hochautomatisiertes Fahren
Das Fahrzeug kann nun in bestimmten Situationen das Fahren weitgehend autonom übernehmen, der Fahrer darf seine Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr abwenden, muss aber bereit sein, die Kontrolle bei Anfrage (einem Signal) umgehend zu übernehmen.

Level 4 – vollautomatisiertes Fahren
In diesem Level sind die Systeme in der Lage, die meisten Fahraufgaben autonom zu erledigen, auch wenn der Fahrer nicht bereit ist, die Kontrolle zu übernehmen. Dem Fahrer ist es also beispielsweise erlaubt zu schlafen oder das Smartphone zu verwenden – bei Verkehrsverstößen oder Schäden haften die Fahrer während der vollautomatisierten Fahrt nicht.

Level 5 – autonomes Fahren
Mit diesem Level ist das autonome Fahren vollendet, da das Fahrzeug in allen Situationen und unter allen Bedingungen komplett von Fahrsystemen geführt wird. Ein Fahrer ist also nicht mehr notwendig, Fahrten ohne Insassen sind somit möglich.

Während menschliche Fahrer in Ausnahmesituationen oft instinktiv handeln, trifft ein autonomes Fahrzeug seine Entscheidungen auf Grundlage vorprogrammierter Algorithmen und unter Berücksichtigung aller verfügbaren Informationen.
Die Hersteller versprechen sich von dieser Technologie eine deutlich reduzierte Unfallrate im Vergleich zu menschlichen Fahrern. Doch es ergeben sich viele verschiedene ethische und technische Herausforderungen, wenn es darum geht, diese automatische Entscheidungsfindung in Extremsituationen zu programmieren.

Als Beispiel kann man hier ein typisch-ethisches Dilemma vorführen:

Das Fahrzeugsystem befindet sich im autonomen Zustand und erkennt die beiden Hindernisse auf der Fahrbahn.
Es kann die Menschen von der Betonsperre unterscheiden, indem es Größe, Form, Bewegungsmuster und andere charakteristische Merkmale in Millisekunden analysiert.
Dies ermöglicht dem autonomen Fahrzeug, in Echtzeit Entscheidungen zu treffen, um Kollisionen mit Personen zu vermeiden und gleichzeitig die Fahrzeugsicherheit zu gewährleisten.
Wenn in dieser Situation jedoch die autonomen Bremssysteme versagen, ist das System gezwungen anderweitig zu handeln; das Fahrzeug fährt entweder geradeaus weiter und gefährdet somit das Leben der Personen auf der Fahrbahn oder lenkt auf die andere Fahrbahnseite und gefährdet somit das Leben der Insassen.
Schon in der Entwicklungsphase des Fahrzeugs müssen Festlegungen getroffen werden, wie das Fahrzeug in solch einer prekären Situation „handeln“ soll.  Da die Insassen beim autonomen Fahren nicht dazu verpflichtet sind, bei möglichen Komplikationen einsatzbereit zu sein, liegt die gesamte Verantwortung bei den technischen Systemen.

In diesem Kontext könnte man den Utilitarismus heranführen, da dieser eine Form der zweckorientierten Ethik ist und die Festlegung von vordefinierten Handlungsweisen (während der Entwicklungsphase des autonomen Fahrzeugs) darauf abzielen, den größten Nutzen für die Gesellschaft zu gewährleisten.
Wenn klar festgelegte Regeln dazu beitragen, Unfälle zu verhindern oder ihre Auswirkungen zu minimieren, könnten sie als moralisch vertretbar betrachtet werden, da sie potenziell das Wohlergehen der meisten Beteiligten schützen.
Andererseits könnte der Utilitarismus hier problematisch sein, wenn das autonome System das Wohl der Insassen gegen das Wohl der Fußgänger abwägt. Wenn vordefinierte Handlungsweisen die Insassen unter allen Umständen schützen, selbst wenn dies auf Kosten anderer geht, könnte dies als unethisch betrachtet werden, da es eine Priorisierung einer Gruppe gegenüber einer anderen impliziert.

Für mich klingt die Vorstellung, dass die technischen Fahrsysteme alleine auf der Straße eine so große Verantwortung tragen und potenzielle Fehler aufweisen können, sehr beängstigend.
Auch wenn der Utilitarismus autonomes Fahren in gewissem Maße befürworten könnte, insbesondere wenn es darauf ausgerichtet ist, den größten Nutzen für die meisten Menschen anzustreben, habe ich gewisse ethische Zweifel.
Aufgrund dessen bin ich der Überzeugung, dass die Technologie in den meisten Fällen nicht in der Lage ist, die Verantwortung und die Flexibilität zu bieten, die in Notfällen erforderlich sind.
In kritischen Situationen, in denen Menschenleben auf dem Spiel stehen, ist die menschliche Intuition und das unmittelbare Eingreifen entscheidend, da ein autonomes Fahrzeug seine Entscheidungen eben nur auf Grundlage vorprogrammierter Algorithmen trifft. Wenn die Systeme dann potenziell ausfallen, muss meiner Meinung nach eine menschliche Person im Auto bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen und die Verantwortung zu tragen.
Jedoch schließt meine Meinung das assistierte Fahren nicht aus, da es den Fahrer bei bestimmten Fahraufgaben unterstützt, das Fahren jedoch nicht komplett für den Fahrer übernimmt.

Mich würde hierzu eure Meinung interessieren! Würdet ihr der Technologie vertrauen und autonomes Fahren zulassen, oder seid ihr auch eher skeptisch, was die Sicherheit dieser programmierten Entscheidungsfähigkeit der Systeme angeht?

https://www.moralmachine.net/hl/de
https://www.ruv.de/kfz-versicherung/magazin/trends-der-mobilitaet/autonomes-fahren-ethische-fragen-und-moralische-dilemmata
https://praxistipps.chip.de/autonomes-fahren-definition-und-beispiele_147061

1 Kommentar

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Hallo jas minerarwasser,
ich finde es sehr beeindruckend, dass die Technologie schon so weit ist, dass Fahrzeuge hergestellt und so programmiert werden können, sodass sie vollkommen selbstständig und ohne menschliche Eingriffe am Straßenverkehr teilnehmen können. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass die Sicherheit der Menschen vor der Bequemlichkeit steht, wobei man natürlich auch unterschiedlich argumentieren kann. Einerseits lässt sich anführen, dass das Fahren mit den autonomen Fahrzeugen sicherer sei, da diese womöglich vernünftiger fahren als ein großer Teil der Menschen, indem sie sich genaustens an die Geschwindigkeitsbegrenzungen und an andrer Gebote und Verbote im Straßenverkehr halten. Andererseits ist es einleuchtend, wenn man sagt, dass ein Mensch wahrscheinlich viel besser in schwierigen und unvoraussehbaren Situationen handeln könne und so mehr Sicherheit für alle garantiert werde. Ich glaube, ich würde es auch schon etwas beängstigend finden, wenn mir plötzlich ein Auto entgegenkommt, in dem niemand auf dem Fahrersitz sitzt, da ich mir womöglich auch sehr unsicher darüber wäre, ob man so einem Fahrzeug wirklich vertrauen kann und natürlich auch immer die Gefahr bsteht, dass sich ein Fehler beim Programmieren eingeschlichen hat. Aber auch wenn ich selbst in einem solchen Fahrzeug sitzen würde, könnt ich mich nicht entspannt zurüchlehnen, ohne den Verkehr zu beobachten, um potenzielle Gefahren wahrnehmen zu können. Wie du, vertrete ich ebenfalls die Meinung, dass die Technologien in vielen Fällen nicht so verantwortungsvoll und flexibel handeln können, wie es Menschen können. Deswegen finde ich, dass das autonome Fahren den Verkehrsteilnehmern noch nicht die SIcherheit gibt, die in Straßenverkehr benötigt wird. Somit kann ich auch sagen, dass ich eher die Vorteile in dem assistierten und dem teilautonimisierten Fahren sehe, da man hier eben noch selbst die Verantwortung trägt und auch mit den Gedanken beim Geschehen auf der Straße sein muss und trotzdem unterstützt wird, was die Sicherheit auf jeden Fall erhöhen kann.
Ich gehe davon aus, dass wenn die autonomen Fahrzeuge öfters und auch über längere Zeit im Straßenverkehr aufzufinden sind, man seine Meinung über sie Sicherheit wahrscheinlich auch ändern würde, wenn man positive Erfahrungen macht. Allerdings glaube ich, zum jetzigen Zeitpunkt fehlt es noch an Begegnungen der Menschen mit autonome Fahrzeugen, um sich ein ausreichendes Bild darüber machen zu können.

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