Pferde und das Reiten derer ist ein tiefer Bestandteil unserer Kultur – seien es jetzt Reitszenen in Westernfilmen, Ponyreiten auf dem Jahrmarkt oder gar das Reiten als Leistungssport: Ich denke die meisten von uns saßen schonmal auf einem Pferd oder hatten zumindest so Kontakt zu einem. Aber fördert dieser Sport wirklich das Wohlbefinden der Tiere oder ist der einzig wahre Legitimationsgrund dass dieser Sport so tief in unserer Gesellschaft verankert ist? Im folgenden möchte ich auf dieses Thema genauer eingehen – was steckt wirklich dahinter und ist dieser Sport ethisch vertretbar?
Ich selbst bin einige Zeit geritten und habe während dieser Zeit zwar einige Aspekte nicht gemocht oder gar toleriert – sowie unter anderem das Reiten mit Gerte/Sporen, oder aber auch das Reiten mit Rollkur (hierbei wird der Hals des Pferdes mithilfe der Zügel zur Brust runtergezogen und überdehnt). Und dennoch beschäftige ich mich erst jetzt mit weiteren Kritikpunkten dieses Hobbys.
Wichtig zu Wissen ist hierbei dass Pferde Fluchttiere sind – wenn Gefahr droht flüchten diese. Der einzige Zeitpunkt in denen Pferde Gewicht auf ihrem Körper spüren ist also wenn sie von einem Raubtier erwischt wurden – Momente in denen sie voller Todesangst losrennen, buckeln oder gar steigen. Außerdem gibt es auch kein Tier dass dafür geboren wurde von uns Menschen geritten zu werden – sie wurden alle gefangen und domestiziert. Dies gilt allerdings nicht nur für Pferde: kein Kamel, kein Elefant, kein Esel und erst Recht keine Kuh wurden dafür geschaffen von uns geritten zu werden (natürlich auch keine andere Tierart, hier nur Beispiele bei denen das Reiten auf deren Rücken weit verbreitet ist). Wenn man sich aber nun die Anatomie eines Pferderückens ansieht, merkt man schnell dass der Rückenmuskel eines Pferdes Gerade ist – und nicht gewölbt. Pferde sind zwar von ihrer Statur nicht für das Reiten gemacht, aber trotzdem hält es ihr Rücken meist über Jahre hinweg aus. Dennoch entwickelt sich nach Jahren ein Senkrücken was die Folge der Tragebelastung ist – hierbei senkt sich die Rückenoberlinie ab, dies hat meist große Schmerzen für die Pferde zur Folge. Dinge wie ein falsch sitzender Sattel oder ein zu hohes Gewicht des Reiters können zum Beispiel Ursachen für diese Schmerzen beziehungsweise auch für radiologische Befunde sein. Auch ein zu frühes Einreiten kann zu diesen Schmerzen und dem gewölbtem Rücken führen, da das Wachstum von Pferden eigentlich erst mit fünf bis sieben Jahren abgeschlossen ist. Gerade Rennpferde werden in der Regel viel zu früh eingeritten und sind nach ihrer Zeit im Rennsport körperlich am Ende.
Häufig werden Pferde auch alleine in Boxen gehalten – dies macht natürlich nicht jeder Pferdebesitzer und dennoch ist es eine weitverbreitete Haltungsform – ein Kritikpunkt hierzu wäre dann zum Beispiel dass Pferde Herdentiere sind und in freier Wildbahn meist in Grasflächen wohnen – natürlich gibt es hier auch Ausnahmen, viele Leben auch in trockenen oder gar in Waldgebieten. Und diesem Lebensraum wird keine Pferdehaltung gerecht.
Ein Zitat was ich zu diesem Thema auch sehr wichtig finde: „Wer Pferde reitet macht das nur für sich, niemals fürs Pferd. Pferde muss man nicht reiten.“ Dieses Zitat kommt von dem Meeresbiologen, Fotograf sowie Tier- und Umweltschützers Robert Marc Lehmann, welches er in dem Video: „JONAS EMS bekommt SHITSTORM? Die Wahrheit über Reiten und Reitsport“ sagte.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Reitsport nicht zum Tierwohl beiträgt. Es gibt etliche Fälle die aufzeigen dass das Pferd nicht über Hindernisse springen oder gar geritten werden möchte. Wer es trotzdem macht macht dies nur für sich und nicht für das Wohl oder die Gesundheit des Tieres – vor allem wenn es um Turniere geht. Wenn man Pferde reitet und merkt dass das Tier etwas nicht machen möchte, sollte man viel mehr hinterfragen wieso das Tier etwas nicht machen möchte und das Tier nicht durch Hilfsmittel zu etwas zwingen. Wichtig ist ein Perspektivwechsel. Nicht jeder Reiter oder Reiterin geht mit dem Tier gewaltsam um, aber auch diese Fälle gibt es und werden im Reitsport oft toleriert – wenn man die gleiche Gewalt bei anderen Tieren wie zum Beispiel Hunden anwenden würde, gäbe es einen großen Aufschrei. Und selbst wenn man auf den Umgang mit Pferden nicht verzichten kann oder möchte gibt es auch hier Möglichkeiten – man kann auch ohne den Aspekt Reiten mit Pferden zeitverbringen und sie friedlich behandeln und umsorgen, wie es zum Beispiel auch einige Tierschützer und Lebenshöfe tun.
Wenn euch das Thema interessiert würde ich euch das YouTube Video von Jonas Ems “ PFERDE REITEN, ist das ok? | Realtalk“ oder auch die Reaction von Robert Marc Lehmann auf das eben genannte Video empfehlen.
Die Tierschutzorganisation PETA hat zudem auch über die unterschiedlichsten Aspekte des Pferdesports Artikel verfasst die sehr spannend zum nachlesen sind.
1 Kommentar
Kommentieren →hi teadrinker,
erstmal muss ich erwähnen, dass dies ein sehr gelungener Essay ist!
Ich finde es sehr wichtig sich mal über dieses Thema Gedanken zu machen, denn man übersieht den Reitsport oft in der Debatte über Tierquälerei. So habe ich selber bis vor einer Weile immer gedacht, dass das ja Pferde sind und es ihnen nicht wirklich etwas ausmacht und sie in einer Weise dazu gemacht sind. Doch wenn man sich genauer mit dem Reitsport auseinandersetzt, merkt man, wie du gesagt hast, dass dieser nicht in der Natur liegt. Das Dressurreiten ist auch ein gutes Beispiel, da es gegen die natürlichen Bewegungsabläufe der Pferde geht. Dieses krankhafte Training der Pferde zur Wettkampfform finde ich sehr fragwürdig und die Tierschutz- Kontrollen bei den Veranstaltungen lassen oft zu Wünschen übrig. Aber natürlich gibt es eine lange Geschichte des Reitsports, so ist es eigentlich unmöglich besagten abzuschaffen, aber ich finde auch, er sollte viel stärker reguliert werden und sich außerdem mehr auf das Wohl der Tiere fokussieren. Wenn man unbedingt reiten möchte, sollte man sich auch genau überlegen, wo man das macht und wie dort mit den Tieren umgegangen wird.