Sind psychische Erkrankungen eine Art „Modetrend“ oder doch eine ernstzunehmende Folge des sozialen Wandels?

Im ganzen Netz und vor allem auf Social Media kursieren Hassbotschaften, Sexismus und Rassismus. Jede Leistung wird klein geredet und die Erwartungen steigen. Gleichzeitig lösen sich A-Jugend Mannschaften im Fußball auf, die eigentlich aus vier verschiedene Orten bestehen würden. Früher hat jeder Ort eine A-Jugend Mannschaft stellen können. Und dann gibt es noch diese fürchterlichen Statistiken, nach denen seit 2006 die Anzahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen kontinuierlich stark ansteigt. Hier stellt sich die Frage, ob dass alles Zufall ist oder doch eine Bedrohung für die Gesellschaft, die ernst genommen werden sollte.

Wie auf Statistiken zu sehen ist (in Quelle 2), steigen die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen stark an. Hier sind überwiegend Frauen betroffen, was eine Widerspieglung des extremen Sexismus sein könnte. Aber auch der hohe Druck, den sich die Frauen teils selber setzen, teils aber auch von der Gesellschaft erwartet wird. Nämlich dass die „moderne“ Frau Kinder hat und nebenher eine Karriere in einem Beruf machen kann. Der starke Anstieg in den letzten Jahren ab 2020 kann durchaus auf den Ausnahmezustand während der Corona Krise zurückgeführt werden. Während dieser Zeit waren viele allein stehende noch einsamer und so kamen leicht psychische Erkrankungen zustande. Allgemein war die Situation angespannt und der Stress aufgrund der häufigen Regeländerungen und die große Einschränkung der Freiheit setzen viele sehr zu.

Geht man auf die A-Jugendmannschaften ein, so ist zu erkennen, dass sich diese, trotz Zusammenschluss mehrerer Ortschaften, auflösen. Dies kann natürlich einerseits an dem derzeitigen hohen Angebot an anderen Freizeitaktivitäten zurückgeführt werden. Allerdings kann aus persönlichen Erfahrungen angeführt werden, dass es eigentlich genügend Spieler gibt. Diese sagen aber häufiger spontan ab, da sie auf einmal keine Lust mehr haben oder sie lieber irgendein Videospiel spielen möchten. Daraus folgt, dass Spiele manchmal spontan zwei Stunden vor dem Spiel abgesagt werden müssen und die engagierten Spieler deprimiert sind. Zudem fühlen sich gerade die Spieler, die häufig absagen oder sich gar nicht melden, keiner Schuld bewusst und sehen nicht die Verantwortung, die sie gegenüber ihren Trainern, ihren Mitspielern bzw. Freunden haben.

Könnte sich dieses Verhalten auch bei den Berufstätigen auffinden? Denn sie könnten sich vom Arzt eine Krankschreibung holen, z. B. auch für psychische Erkrankungen. Dies wäre eine Erklärung der steigenden Zahlen. Dagegen spricht jedoch, dass viele Erwachsene arbeiten möchten. Sie brauchen einen geregelten Tagesablauf und möchten gebraucht werden. Sie könnten es meist auch nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, einfach wegen nichts sich krankschreiben zu lassen. Zudem sollte erwähnt werden, dass psychische Erkrankungen sehr ernst genommen werden sollten und eine richtige Krankheit sind. Selbst wenn das manche anders sehen und sich aus Faulheit krankschreiben lassen, so spiegelt sich auch bei diesen der soziale Wandel aus. Nicht in Form von Druck und Unzufriedenheit, sondern in dem Gefühl der Überforderung, wodurch sich manche rausnehmen möchten und so ihr Verantwortungsgefühl gegenüber anderen sinkt.

Auf den Straßen wird in den letzten Jahren immer seltener zurückgegrüßt, im Bus sitzen alle am Handy und es gibt häufig nur noch Gespräche über das neuste Videospiel, gerade von Jüngeren. Viele haben sogar verlernt einfache Konversationen zu führen. Es ist nämlich nahezu jeder auf sich selbst fokussiert, die vielen Menschen mit Kopfhörern appellieren geradezu, dass man sie ja nicht ansprechen sollte. Gleichzeitig ist der Respekt gegenüber Älteren stark zurückgegangen und setzt gerade diesen arbeitsfähigen Menschen zu. Hier sind Beispiele aus der Schule zu nennen, bei denen die Lehrer runtergemacht werden und auf eine Art von Respektlosigkeit behandelt werden, die man sich gar nicht erdenken möchte. Der Druck erhöht sich auch, jeder möchte das bestmögliche aus dem Leben machen und auf der Karriereleiter ganz nach oben steigen. Wenn man einen normalen, schlechter bezahlten Beruf ausübt, so sieht die Gesellschaft ihn schon ein bisschen als Verlierer, da er „nichts“ aus seinem Leben gemacht hat. Dies führt zu dauerhaftem Stress und Konkurrenzkampf. Die erwähnte Statistik ist eine notwendige Folge daraus.

Auch die Philosophin Sally Haslanger meint, dass wir derzeit eine sehr ungerechte und rassistische Gesellschaftsform hätten. Sie schlägt als Lösung einen sozialen Wandel vor, der weniger Diskriminierung herbeiführt und zur Gesundheit der Psyche beiträgt. Mit dem sozialen Wandel wäre die derzeitige Gesellschaft eventuell etwas überfordert, denn man müsste sich auf die Gemeinschaft und das Miteinander einlassen. Haslanger meint, man müsse die Kultur stark verändern um ein positives Resümee zu erhalten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die vielen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen kein „Modetrend“ sind, sondern eher eine Widerspiegelung des schnellen sozialen Wandels. Gerade aufgrund des hohen Drucks und der Respektlosigkeit sinkt das Selbstwertgefühl und psychische Krankheiten können die Folge sein. Meiner Meinung nach ist es längst an der Zeit für eine Veränderung, denn es kann keiner abschätzen wie sehr sich der Zustand der Gesellschaft innerhalb der nächsten Jahre verschlechtern könnte. Das Gemeinschaftsgefühl in den Herrenmannschaften vom Fußball sind da ein Beispiel für einen großen Hoffnungsschimmer, denn dort stimmt meist einfach der Zusammenhalt, was in vielen anderen Bereichen zu wünschen übrig ist.

Was meint ihr zu dem Thema?

Quellen:

Sally Haslanger: „Um einen sozialen Wandel zu bewirken, müssen wir die Kultur verändern“ | Philosophie Magazin

https://de.statista.com/themen/1318/psychische-erkrankungen/#topicOverview

https://www.fr.de/verbraucher/krankschreibung-wegen-psychischer-erkrankungen-diese-rechte-haben-arbeitnehmende-93352968.html

1 Kommentar

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Hallo rumpsteak1893,
ich finde, dein Blogbeitrag zeigt sehr schön, dass psychische Erkrankungen nicht nur eine Modeerscheinung, sondern auch eine Folge des gesellschaftlichen Wandels sein können. Ich finde das ist eine besorgniserregende Entwicklung, die zeigt, wie sehr unsere Gesellschaft unter Stress, Isolation und Erfolgsdruck leidet. Das hast du in deinem Blog sehr gut zum Ausdruck gebracht.
Ich bin davon überzeugt, dass die ständigen Vergleiche in den sozialen Medien diese Belastungen noch verstärken. Dabei wird übersehen, dass die meisten Menschen nur ihre „Sonnenseiten“ posten und das ist sehr einseitig.
Du hast Recht, wenn du sagst, dass sich jeder nur noch um sich selbst dreht. Jeder ist sich selbst der Nächste, jeder ist nur noch auf sich selbst konzentriert. Der Vorschlag eines gesellschaftlichen Wandels hin zu mehr Gemeinschaft ist ein wichtiger Schritt, um das psychische Wohlbefinden zu fördern und zu stärken. Wir sollten unseren Blick wieder mehr auf unsere Mitmenschen richten und mit ihnen das Gespräch und den Austausch suchen.
Freundschaften und Gemeinschaft geben Halt und fangen in Krisenzeiten auf, sie machen Menschen widerstandsfähiger und belastbarer.
Die seelische Gesundheit muss ebenso gefördert und gepflegt werden wie die körperliche.

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