Habt ihr mitbekommen, dass Klimaaktivist*innen Hörsäle und Schulen besetzt haben? Vermutlich nicht, darüber hat sich ja auch niemand aufgeregt. Wenn du Aufmerksamkeit für ein Thema möchtest, mit dem sich die Menschen zu wenig beschäftigen, gibt es kaum ein effektiveres Mittel als sie wütend zu machen.

 Wochenlang hörten viele Medien nicht mal richtig zu, wenn sich die ,,letzte Generation“ mit dem Sekundenkleber mal wieder an Kulturgütern vergriffen. Dann wurde wenigstens gelegentlich der korrekte Tatbestand in den Schlagzeilen benannt: „Schutzscheibe vor Gemälde beschmiert“. Keinerlei Schaden an der Kunst. Aber die Mehrheitsgesellschaft übt sich seit Wochen in Herablassung.

Oder: Durch das Blockieren einer Autobahn ist ein Stau entstanden. Unabhängig davon gab es einen Unfall, bei dem ein Betonmischer eine Fahrradfahrerin überfahren hat, die letztlich an ihren Verletzungen gestorben ist. Ein Spezialrüstwagen von der Feuerwehr stand im Stau und kam verspätet zum Unfallort.

Dann folgte Unklarheit: Hatte der Stau Einfluss auf die Rettung der Fahrradfahrerin? Hätte sie sonst vielleicht überlebt? Wer trug die Schuld an der fehlenden Rettungsgasse? Hat der Klimaprotest vielleicht zum Tod eines Menschen beigetragen?

Beim Klimaprotest war die Rettungsgasse angeblich eingeplant, bei den Autofahrern aber offenbar nicht. Zudem sagte die Notärztin im Einsatz, dass der Spezialrüstwagen ohnehin unter keinen Umständen eingesetzt worden wäre.

Doch während klar wurde, dass die letzte Generation keine Schuld trifft, entwickelte sich die Debatte immer mehr in Richtung: ,,Das sind Mörder und Terroristen!“ Das Bild der Radikalen besteht weiter und so lange wie die Menschen darüber diskutieren ob die Klimaaktivist*innen nun Mörder sind oder nicht, so lange unterhält sich niemand über den Klimawandel.

Zeugen diese Arten des Protestes nicht nur von Verzweiflung? Verkörpern sie nicht nur das Gefühl missverstanden, nicht richtig wahrgenommen zu werden? Und stellt sie vielleicht nur den Versuch dar, bei dem ganzen Rauch endlich den Feueralarm zu betätigen?

Eines ist sicher, die Proteste der ,,letzten Generation“ sind nicht nur gewaltlos, sondern auch riskant. Es drohen, neben Präventivhaft in Bayern, Beschimpfungen, Ohrfeigen und Fußtritte, wie zahlreiche Videos belegen. Und die Aktionen dürften nicht ungefährlicher werden, in einem Land, in dem ein Jurist genervten Autofahrern den Rat gab, das Abreißen festgeklebter Haut „dürfte ohne Weiteres in Kauf zu nehmen sein“.

Natürlich darf der Protest keine Menschenleben riskieren. Zwar plant die ,,letzte Generation“ eine Rettungsgasse in ihre Proteste ein, ob diese so immer in der Realität umsetzbar sein wird bleibt aber sicherlich fraglich.

Vielleicht sollten wir uns als Gesellschaft weniger über die sündhafte Verschwendung von Kartoffelbrei unterhalten und mehr darüber, dass wir uns in eine Welt mit drei, vier, fünf Grad mehr bewegen und wie wir dies verhindern können. Dann müsste sich auch niemand mehr auf die Straße kleben und die Gefährdung von Menschen hinnehmen

Quellen