Der Fall Titan- von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

Es ist der 18. Juni 2023. Zwischen 4 und 6 Uhr morgens Ortszeit bricht die Titan, ein U-Boot der US-amerikanischen Firma OceanGate, auf, um das Wrack der 1912 gesunkenen Titanic zu besichtigen. Ob sie diese jedoch jemals erreichte ist unbekannt, denn nach fast 2 Stunden brach der Kontakt zur Titan ab und die 5 Insassen waren von da an auf sich gestellt. Am 22. Juni 2023 gegen 20 Uhr deutscher Zeit wurde dann von Trümmerfunden in der Umgebung der Titanic berichtet. Die US-Küstenwache bestätigte später am Tag noch, dass es sich bei den Trümmern um die Titan handelt. Mit der Zeit wurden immer mehr Stimmen laut, dass einige Sicherheitswarnungen missachtet wurden. Doch wäre es überhaupt nötig gewesen, diese Reise zu veranstalten? Und warum wurden mögliche Gefahren ignoriert?

Notwendigkeit besaß die Reise definitiv nicht. Vor allem nicht wenn es genug Gefahren gab. Diese wurden jedoch wie berichtet nicht zum ersten Mal missachtet. Ein viermaliger Passagier der Titan namens Mike Reiss berichtete, dass es schon bei einer Fahrt im Jahr 2021 zu einem Problem mit der Kommunikation mit dem Begleitschiff gekommen sei. Die Mission musste damals wegen einem Problem mit der Batterie abgebrochen werden. Mehrere ehemalige Passagiere, darunter auch der Journalist David Pogue, berichteten, dass sie das U-Boot vor ihrer Ankunft am Ablegeort noch nie gesehen hatten. Auch wurde davon berichtet, dass das U-Boot lediglich von einem Controller der Firma Logitech gesteuert wurde. Für einen U-Boot-Insassen ist es natürlich keine gute Voraussetzung, sich auf einen Controller verlassen zu müssen. Während der Fahrt wurde den Passagieren von Stockton Rush, dem Geschäftsführer von OceanGate, erzählt, dass viele der Bauteile billig und in Massenproduktion hergestellt worden wurden. Das beruhigt einen als Mitfahrenden bestimmt sehr – oder? Bereits vor dem Unglück hatte es Kritik an der Betreiberfirma gegeben, da ihr U-Boot von keiner Klassifikationsgesellschaft eingestuft worden ist. Im Jahr 2018 äußerten Experten aus Tauchbootindustrie sowie Meeres- und Tiefseeforscher in einem Brief an Stockton Rush Bedenken an der Entwicklung des U-Boots. Darin wurde auch die Kontrolle des Vorhabens durch unabhängige Prüfstellen gefordert. Der Forderung kam das Unternehmen mit Verweis auf eine zu lange Wartezeit nicht nach. Außerdem wurde bekannt, dass es das Arbeitsverhältnis des technisch verantwortlichen Entwicklers David Lochridge gekündigt hatte, nachdem dieser auf technische Defizite aufmerksam gemacht hatte. Unter anderem hatte er bemängelt, dass das Aussichtsfenster nur bis 1300 m Tiefe zertifiziert sei, der Rumpf nicht klassifiziert und wegen fehlender Technologie der Carbonrumpf keiner Festigkeitsprüfung unterzogen worden sei. Außerdem hatte er festgestellt, dass die akustischen Sensoren keine Sicherheit gewährleisteten, da sie nur Millisekunden vor dem Implodieren des Rumpfes ein Signal abgäben. Lochridge war nach seiner Entlassung von OceanGate wegen Verletzung von Betriebsgeheimnissen verklagt worden, worauf er mit einer Gegenklage reagierte.

Somit ist klar, dass sich OceanGate diesen Unfall selbst zuzuschreiben hat. Klare Gefahrenstellen wurden gekonnt ignoriert und nicht verändert. Meiner Meinung nach ist es unnötig gewesen diese Reise trotz aller Gefahren umzusetzen. Somit war eigentlich schon vor dem Start klar, dass dieser Ausflug möglicherweise mit dem Tod der Insassen ausgehen könnte. 5 Menschenleben hätten gerettet werden können, hätten Stockton Rush und seine Entwickler besser Investiert. Doch nun musste er selbst durch seine Fehler sein Leben lassen.

Birgit Großekathöfer: Verschollenes U-Boot »Titan«: Ehemalige Passagiere berichten über ihre Erfahrungen. In: Spiegel.de Aufgerufen am: 30.06.2023 Florian Pütz: »Titan«: Experten warnten schon 2018 vor Sicherheitsmängeln bei Tiefsee-Tauchboot. In: Spiegel.de. Aufgerufen am: 30.06.2023 Nina Bub, Christiane Heil: War die Titan von Anfang an zu unsicher? In: FAZ.net. Aufgerufen am: 30.06.2023 Mark Harris: A whistleblower raised safety concerns about OceanGate’s submersible in 2018. Then he was fired. In: Techchrunch.com. Aufgerufen am: 30.06.2023  Verschollenes Tauchboot zur Titanic: Wie sicher ist das Tauchboot „Titan“? In: T-online.de. Aufgerufen am: 30.06.2023

2 Kommentare

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Hallo Bangkok,
ich finde deinen Beitrag zu diesem Thema sehr interessant. Bis jetzt hatte ich mich nie so wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt – nur durch ein oder zwei Artikel (und ab und an Memes zu diesem Thema die ich in den sozialen Medien gesehen habe). Mir war auch nicht bewusst dass OceanGate Probleme mit Sicherheitsmaßnahmen hatte – was du hier gut erklärt hast.
Ich bin auf jeden Fall deiner Meinung dass diese „Reise“ komplett unnötig war und die Personen die sich darauf eingelassen haben (so hart es klingt oder auch sein mag) selbst an ihrem verenden Schuld hatten (beziehungsweise nicht Schuld an sich, OceanGate muss dafür natürlich verantwortlich gemacht werden, und dennoch ist es in meinen Augen ziemlich unklug in so ein U-Boot zu steigen weshalb sie irgendwo auch mitschuldig sind).
Mir fällt beim besten Willen kein Grund für eine solche Reise ein – natürlich mag es cool sein, ein Schiffswrack zu sehen aber dennoch, dass diese Reise keine gute Idee ist hätte doch von Anfang an klar sein sollen. Mir tun bei dieser Sache vor allen die Angehörigen der Personen sehr leid.
Wobei der Tod und vor allem wie sie gestorben sind schrecklich ist – auch wenn es extrem schnell ging. Und dennoch, das Wissen wahrscheinlich bald zu sterben und dem Schicksal nicht mehr entfliehen zu können muss sehr sehr schrecklich gewesen sein. So etwas wünscht man wirklich niemandem.
Liebe Grüße
teadrinker

Hallo Bangkok, du hast einen sehr guten Essay verfasst. Wie du schon sagst, sind fünf Menschenleben, auf Grund dummer Missachtungen und bewussten Mängeln zerstört worden. Dies ist meiner Meinung nach eine Schande und die Verantwortlichen sollten unverzüglich bestraft werden, denn der Tot der fünf Insassen ist den Verantwortlichen zu zuschrieben. Allerdings ist es auch etwas skurril, dass die fünf tötlich verunglückten Passagiere vor dem Aufbruch in die Tiefsee nicht skeptisch geworden sind. Denn es war ja offensichtlich ein etwas seltsames U-Boot. Zusammenfassend hat mir dein Text sehr gut gefallen.
Ich wünsche einen schönen Tag.

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