Im Jahr 2017 wurden in Deutschland schätzungsweise 48000 Menschen auf der Straße erfasst (bezogen auf einen Artikel der Süddeutschen Zeitung). Das sind aber längst noch nicht alle, denn es gibt auch viele Obdachlose, die bis zum heutigen Zeitpunkt nicht registriert wurden. Das sind enorm viele Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Dies bemerkt man auch im Alltag in den etwas größeren Städten, denn man sieht fast überall Obdachlose. Nun ruft euch ins Gedächtnis: Seid ihr die Menschen, die sich von den Obdachlosen wegdrehen und schnell vorbeilaufen oder die ihnen etwas Geld einwerfen, vielleicht sogar ein paar Worte mit ihnen wechseln? Woher kommt dieser Unterschied zwischen den Verhaltensweisen? Die Erstgenannten vertreten die Meinung, dass die Obdachlosen selbst schuld sind, wenn sie auf der Straße leben müssen und es nun alleine ausbaden sollen. Die Letzteren wollen sich entweder die Geschichte des Obdachlosen anhören, um zu verstehen, wie man dazu kommt, auf der Straße zu leben oder man ist schlicht der Meinung, dass die Person nichts für ihre Obdachlosigkeit kann und deswegen Mitleid mit ihr empfindet.
Daher stelle ich mir nun die Frage: Ist Obdachlosigkeit selbstverschuldet? So makaber diese Frage auch klingen mag, sind sich die Menschen in der Antwort auf diese Frage doch sehr uneinig.
Auch ich bin in diesem Falle sehr unschlüssig. Um zu bewerten, ob die Obdachlosigkeit einer Person selbstverschuldet ist, muss man die individuelle Situation genauer betrachten.
Zunächst möchte ich eine Situation beleuchten, in der man meinen könnte, die Obdachlosigkeit sei nicht selbstverschuldet: Wenn plötzlicher Tod eines Verwandten oder eines Lebensgefährten auftritt und man als Betroffener keine Unterstützung hat, weder im psychischen, noch im materiellen Bereich. Dies ist häufig ein Problem bei Jugendlichen und Kindern, denn diese sind im Arbeitsfeld noch nicht abgesichert, fühlen sich schnell allein und hilflos und lehnen jede Hilfe ab. An sich sind sie ja nicht selbst schuld, wenn eine naheliegende Person sie nicht mehr unterstützen kann. Jedoch ist ihr häufigster Fehler, und ja, das ist teilweise selbstverschuldet, dass man die angebotene Hilfe durch das Sozialamt nicht annimmt und sich gegenüber jeder anderen zuvorkommenden Person verschließt.
Des Weiteren ist Arbeitslosigkeit als Ursache für Obdachlosigkeit äußerst zwiespaltig. Einerseits gibt es Menschen, die mit ihrem erlernten Beruf keine Arbeit finden und dann gibt es noch die, die nicht arbeiten wollen. Jedoch ist in beiden Fällen eine gewisse Selbstverschuldung da, denn im ersten Fall kann man trotzdem notgedrungen noch einen anderen Beruf suchen oder erlernen, damit man nicht vollständig ins Arbeitslose versinkt, wobei die Menschen aber nicht Schuld sind, dass sie keine passende Arbeit in dem Moment finden. Im zweiten Fall muss die Person tatsächlich mit den Konsequenzen leben, die Arbeitslosigkeit hat, und diese Art des Lebens sucht sie sich ja im Grunde genommen selbst aus. Das, was nicht selbstverschuldet ist, und was viele Menschen im Moment der Entscheidung nicht wissen, ist der Teufelskreis, aus dem man nicht wieder hinauskommt. So kann man sich diesen vorstellen: Ohne Arbeit und damit ohne Zahlungsmittel kann man keinen Mietvertrag unterschreiben, dadurch bleibt man obdachlos. Und dadurch, dass man als Obdachloser einen schlechten Ruf hat, hat man meist auch keine Chance mehr, von einem Arbeitgeber angenommen zu werden. Außerdem ist es auch für den Arbeitgeber unpraktisch einen Menschen ohne eigene Anschrift aufzunehmen und deswegen halten sich diese häufig lieber von Obdachlosen fern.
Auch die Obdachlosigkeit aus Krankheitsgründen ist meiner Meinung nach nicht selbstverschuldet. Klar, wenn man wegen Alkohol oder Drogenkonsum nicht mehr arbeiten kann, ist es auch eine Art von Krankheitsgrund, aber in diesem Fall meine ich eher die psychischen Störungen oder körperliche Einschränkungen. In Deutschland ist in dieser Spalte schon vieles getan worden durch zahleiche Versicherungen, aber dennoch werden solche Menschen von der Gesellschaft ausgestoßen und schaffen es nicht, sowohl Arbeit als auch damit verknüpft eine Unterkunft zu finden.
Menschen, die aus anderen Ländern fliehen, sei es aus Vertreibung, Armut, fehlenden Bildungschancen oder Zerstörung ihrer Wohnungen durch Naturkatastrophen, stellen auch eine große Anzahl der Obdachlosigkeit dar. Jedoch können diese häufig nichts ausrichten, denn sie besitzen meist keinen Anspruch auf die Rechte in einem Land, in dem sie keine Bürger sind. Ist diese Art von Obdachlosigkeit selbstverschuldet? Meiner Meinung nach nicht, denn es gibt für sie weder soziale noch wirtschaftliche Hilfe und damit können sie auch keine Arbeit beantragen, die sie zum Beispiel aus mangelnder Sprachkenntnis nicht bekommen können und Unterstützungsgelder zum Lebensunterhalt werden ihnen zusätzlich auch nicht angeboten.
Fehlende Schulbildung ist zudem auch ein gravierender Faktor, denn daraus resultiert im Endeffekt die oben erwähnte Arbeitslosigkeit. Doch in Deutschland würde ich diesen Faktor zunehmend der Kategorie „Selbstverschuldete Obdachlosigkeit“ zuordnen, denn in Deutschland besteht Schulpflicht und jeder Mensch hat dieselben Bildungschancen, um später auch eine gute Arbeit zu bekommen. In anderen Ländern, häufig im asiatischen Raum, ist aber die Schulbildung nicht für alle bereitgestellt und in diesem Falle tragen die Menschen nicht die Verantwortung für ihre fehlende Bildung.
Oft werden aber auch Menschen, vor allem alte Leute, aufgezogen und man nimmt ihnen durch Betrug die Wohnung weg, was nicht selbstverschuldet ist, denn diese Betrüger legen extra alles darauf aus, solchen Menschen, die meist schon selbst Hilfe benötigen, das Letzte zu nehmen. Dies ist oft in Ländern von Zentralasien ein Problem, zum Beispiel in den russischen Nachrichten sieht man solche Konflikte immer öfter. Die Menschen unterschreiben Verträge, von denen sie keine Ahnung haben oder sich nicht gut darüber informiert haben und lassen sich dadurch ihren Besitz in Form einer Wohnung oder einem Haus wegnehmen. Dadurch landen sie auf der Straße und gesetzlich können sie meist nicht nachweisen, dass sie betrogen wurden.
Wie man sieht, gibt es unterschiedlichste Faktoren, weshalb eine Person obdachlos werden könnte. Oft treten diese in aufgehäufter Form auf und es ist sehr schwer, wieder aus der Obdachlosigkeit herauszukommen.
Mit diesem Beitrag wollte ich daran appellieren, dass ihr Obdachlose nicht gleich als Unmenschen betrachtet. Ihr müsst ihnen zwar kein Geld geben, aber es ist durchaus menschlich sie einmal anzulächeln oder mit ihnen zu reden, denn nicht jeder ist selbst daran schuld, in diese missliche Lage gekommen zu sein. Manche andere verstehen aber auch mit der Zeit, dass sie etwas falsch gemacht haben, und genau da gilt es, diese Obdachlosen zu unterstützen und sie nicht gleich auszustoßen. Insbesondere jugendliche Obdachlose sind zwar meist unnahbar, benötigen aber dringend Hilfe. Im Buch „Sackgasse Freiheit“ von Jana Frey wird die Geschichte eines Obdachlosen Mädchens geschildert, in der man nachvollziehen kann, dass durch Misshandlung durch die Eltern und anschließender innerer Verschlossenheit Obdachlosigkeit entstehen kann und wie schnell so ein Prozess von statten gehen kann. Ich empfehle euch dringend, das Buch zu lesen, denn dann bekommt man einen ganz anderen Blick auf dieses Thema, weil meistens werden Obdachlose als sehr negativ dargestellt.
Als letztes möchte ich noch erwähnen, dass es manchmal wirklich hilfreich ist, die Geschichte eines Obdachlosen von vorne bis zum Schluss anzuhören, wobei Leeroy auf YouTube schon einen großen Schritt gewagt hat, einen Obdachlosen darüber zu interviewen, wie er denn sein Leben auf der Straße beschreibt.
Denn meiner Meinung nach ist Obdachlosigkeit nicht immer selbstverschuldet, wie man an den oben genannten Beispielen sehen kann, sondern hängt von der Lebensgeschichte des Einzelnen ab.
Was denkt ihr zu dem Thema? Denkt ihr, dass es sich allgemein sagen lässt, ob Obdachlosigkeit selbstverschuldet ist, oder hängt es eurer Meinung nach von der Situation ab?
Quellen:
Obdachlosigkeit in Deutschland, aufgerufen am 04.01.2020
https://www.sueddeutsche.de/panorama/wohnungslose-obdachlose-1.4545815
Frey, J. (2001). Sackgasse Freiheit (2.Aufl.). Bindlach: Loewe Verlag
Interview mit einem Obdachlosen:
6 Kommentare
Kommentieren →Guten Abend,
Du verdeutlichst sehr gut, dass die Einseitigkeit der Sichtweise zu Vorurteilen führen kann, die in unserer Gesellschaft nicht selten auftreten. Ich bin derselben Meinung wie du, dass einem das notwendige Hintergrundwissen über das Leben eines Obdachlosen fehlt und man deshalb nicht bestimmen sollte, ob die Obdachlosigkeit selbstverschuldet ist oder nicht. Meiner Meinung nach verfügt man nicht das Recht, über Personen zu urteilen, solange man sie nicht näher kennt und sich kein eigenes Bild von ihr gemacht hat. Wie du schon anhand der individuellen Situationen demonstriert hast, unterscheiden sich die Ursachen der Obdachlosigkeit in den individuellen Fällen, wodurch man Selbstverschuldung nicht als allgemein auf alle Obdachlose beziehen sollte.
Hallo
ich finde dein gewähltes Thema sehr interessant und hast mir vielleicht auch ein bisschen die Augen geöffnet.
Meiner Meinung nach kommt es bei der Obdachlosigkeit auf die Person an. Natürlich ist man auf der einen Seite immer selbstverschuldet da irgendwas passiert sein muss damit es erst soweit kommen muss, ob bei einem Betrug oder der Vernachlässigung seines Berufes oder sonstiges. Doch auf der anderen Seite wurde die einzelne Person entweder von jemandem dazu gebracht zum Beispiel durch einen Betrug oder es hat jemand gefehlt der auf die Person Acht gibt und sie unterstützt.
Hallo Asparragus,
ich denke du hast hier ein sehr interessantes Thema gewählt, ein Thema bei dem die meisten eben doch wegschauen.
Deiner These, dass Obdachlosigkeit in einen Kreislauf mündet, kann ich zustimmen, auch der Devise diese Menschen stärker zu beachten, mehr auf ihre Bedürfnisse einzugehen.
Ich habe mich nun aber gefragt, ob es überhaupt selbstverschuldet sein kann, obdachlos zu sein?
Um nach der Maslowschen Bedürfnishierarchie zu gehen, die den meisten hier vermutlich vertraut ist, hat jeder Mensch ein Grundbedürfnis nach einem gewissen Grad an Sicherheit, beispielsweise einem sicheren Schlafplatz etc.
Wieso sollte also ein Mensch dieses Bedürfnis nicht befriedigen wollen?
Abgesehen von Backpackern, die sich gezielt darauf einlassen, lebt ja kein Mensch freiwillig ohne ein Zuhause.
Man könnte also annehmen, dass es vielleicht komplett an äußeren Faktoren liegt, wie Elternhaus, Schule, Erziehung, Gesellschaft.
Dass etwas äußeres den Menschen dazu zwingt (wie im verlinkten Video die schwierige Beziehung zur alkoholabhängigen Mutter), auf die Straße zu gehen, dass etwas in ihm zerbricht, viel mehr zerbrochen wird, was sich nur sehr schwer wieder zusammensetzten lässt.
Auch die Studie, die du im verlinkten Artikel beigefügt hast, bestätigt das: Die Mehrheit der Obdachlosen sind asylsuchende, sie können nichts für ihre Situation, sie wurden vom Krieg, also von äußeren Umständen dazu gedrängt.
Und auch deine anderen Beispiele (Tod eines Verwandten, fehlende Schulbildung, Betrug etc.) sprechen ja dafür, dass Obdachlosigkeit nicht selbstverschuldet ist.
Viele liebe Grüße,
Theano 😉
Hallo.
Mich würde interessieren woher du deine Informationen hast. Hast du diese an Hand von Papier (Berichten, Statistiken, etc.) zusammen getragen – oder warst du leibhaftig unter Obdachlosen?
Ich war für ca 2,5 Monate „obdachlos“ – zumindest gefühlt. Denn nach „Gesetz“ war ich es nicht. Ich hatte eine Wohnung in Berlin, bekam einen Job in Hamburg, für den es notwendig war schnell zu handeln – was das JobCenter allerdings nicht tat (dazu gehört eine längere Geschichte) – und entschied für mich, dass ich es auf diese Weise probieren möchte und lebte dann halbwegs Obdachlos (an Bahnhöfen, unter Brücken, etc.) in Hamburg – zwischendrin aber auch in Hostels zum Duschen und Wäsche waschen. Auch als ich den Job nicht bekam, dann nach Berlin zurück kam, sprach ich mit vielen Obdachlosen bzw. befand mich in dieser „Bubble“, da ich Flaschen für ca. 2-3 Monate Flaschen sammeln musste.
Während ich mich viel mit diesen befasste, musste ich feststellen dass es Obdachlose gibt,
– die sich selbst entschieden haben auf der Straße zu leben
– die durchaus „Ahnung“ davon haben, dass es Hilfe gibt, diese allerdings kategorisch/strikt verweigern
– die der Ansicht sind, sie müssten alles *alleine* schaffen und „zu stolz“ sind sich Hilfe zu holen (in beiden Fällen, also auch der Punkt darüber, musste ich feststellen, dass eine gewisse Haltung dem Staat gegenüber besteht bzw. die Obdachlosen der Ansicht waren, dass dann eine gewisse „Anpassung“ erfolgen müsste bzw. diese nicht einverstanden waren etwas dafür tun zu müssen, dass sie eine Wohnung bekommen)
– die durch gewisse Umstände aus ihrem Wohnsitz „geflüchtet“ sind (zb. häusliche Gewalt) und wussten/wissen nicht wo sie hin können (das inkludiert auch entsprechende Hilfestellen)
– die „verstoßen“ worden sind weil sie zb. Drogen zu sich nahmen und dann quasi „versackt“ sind
– die geflüchtet sind und in Zelten zwischen Bäumen und Büschen in Parks in Berlin leben und vielleicht die Sprache nicht können (was dann wiederum auf den Ämtern für Herausforderungen sorgt)
Weiterhin musste ich beim JobCenter erleben, wie ein Mann, der aus dem Ausland kam und keine Wohnung hatte dort Hilfe suchte. Er wurde mit Donnerstags mit den Worten „Kommen Sie Montag wieder, dann ist Sprechzeit für Menschen ohne Arbeit“ abgewiesen, mehrmals. Montags hätte er dort erfahren, dass das JobCenter gar nicht die Anlaufstelle dafür ist.
Zudem muss ich sagen, dass ich eine Bekannte traf, die auf Grund von Bürokratie zwei oder drei Monate auf der Straße saß.
Wie man sehen kann – es gibt unterschiedliche Gründe. Jedoch gibt es definitiv Anlaufstellen (Frauenhilfe, Caritasverbände, Sozialamt, etc.) und sogar Sozialberater, welche man konsultieren kann, sofern einem selbst die Bürokratie über den Kopf wächst und man die Gesetze nicht kennt, und die einem weitere Anlaufstellen aufweisen können.
Bezüglich Gesetzen muss ich aber auch sagen, dass es im Gesetz geregelt ist, dass man Unterstützung bekommt. Diese wird sich jedoch vorbehalten wenn Menschen damit beginnen ihre Sucht zu finanzieren (auch für Süchtige gibt es Anlaufstellen und für Heroinabhängige eben auch Metadonprogramme, etc.). Aber auch die Sucht steht im Wege Lösungen für Obdachlose zu finden. Zudem führt „Sucht“ zu Situation, wie ich sie selbst erleben musste:
Enthemmung und das Verlieren von gewissen „sozialen Barrieren“, die man als Mensch eigentlich so mit auf den Weg bekommt. Ein Obdachloser, der von Alkohol lebt und auch schon mal kurz vorm Delirium stand und deshalb ins Krankenhaus eingeliefert worden ist, hatte die Angewohnheit sich in die Hose zu machen. Nicht nur Urin – sondern auch Kot. Er wollte dann zu Penny gehen, um dort wieder Alkohol zu kaufen – mit eingesifften Klamotten. Er wurde von der Filialleitung abgewiesen und der Security raus geschickt. Was er mal so überhaupt nicht verstanden hatte. Ihm fehlte also das „soziale Verständnis“ dafür, was er seinen Mitmenschen mit seiner versifften Kleidung antut – und die Sucht schien „überhand“ gewonnen zu haben. Hat jemand schon mal einem Süchtigen sein Suchtmittel „abgenommen“ oder verweigert? Es findet eine „Suchtdynamik“ statt, die zu Wutausbrüchen führt.
Was ich mit all diesem Geschriebenen sagen möchte: Ich finde es absolut kritisch „von außen“ und an Hand von „Statistiken“, Zeitungsberichten, Blogeinträgen oder ähnlichem zu urteilen. Ebenso kritisch finde ich aber zu sagen „es geht mich nichts an“ – weil man vielleicht Ekel empfindet.
Tatsächlich finde ich, dass sich jeder, der zumindest Interesse hat, sich mit Obdachlosen direkt auseinander setzen könnte. Zudem sollte man sich – um sich ein „Urteil“ erlauben zu können auch mit der Suchtthematik auseinander setzen. Und mit entsprechenden Gesetzen. Das ist aber manchen Menschen zu viel – und man kann nicht den Menschen sagen „du musst sowas wissen“. Meistens sind die Menschen mit ihrem eigenen Leben schon sehr beschäftigt. Ich verstehe also schon, weshalb manche zu „Papier“ greifen – halte das aber wie erwähnt für kritisch und weise darauf hin, dass man sich vielleicht doch erst einmal einen näheren Blick wagen zumuten könnte. Wen das Thema wirklich übelst triggert oder interessiert, der sollte sich vielleicht in diese Richtung bilden lassen. Sozialarbeiter zb. oder Streetworker.
Sorry, dass es so viel wurde – aber ich wollte das mal hier mit Euch teilen.
Grüße
Christian
das problem an obachlosigkeit und der selbst schuld mentalität, ist die letzte bastion des sozialismus. jemand der ohne einkommen ist, muss aufgefangen werden aber jemand, der dann in diesem system nicht mitmacht, wird abgeschrieben und endet auf der strasse. und das muss leider so sein, weil sich sonst jeder dazu entscheiden könnte, nicht mitzumachen. also macht man diese harte grenze und zwingt die menschen, in den berreich zu rutschen, den man in der heutigen zeit garnicht mehr haben sollte und den keiner will.
Finde den Beitrag eher weniger gut, denn die wenigsten Menschen sind „selbstverschuldet“ auf der Straße gelandet. Mit diesem Begriff unterstellt man gewissermaßen auch eine Freiwilligkeit, aber die ist eigentlich nie gegeben. Auch das Thema Arbeit ist schwierig, denn viele haben sich auch nicht für eine Hartz4 „Karriere“ entschieden, sie sind dank dem Elternhaushalt, der Schule oder dem sozialen Umfeld in diesen Kreislauf geraten und aus dem kommt man nicht mehr raus. Und Umschulen usw. klingt schön und gut, aber weder das Jobcenter noch etwaige Arbeitgeber haben in diesem Bereich die letzten zwei Jahrzehnte viel geleistet. Die Umschulungen, die das Jobcenter anbietet, führen meist auch nur zur nächsten prekären Anstellung und schaffen keine stabilen Verhältnisse. Auf kurz oder lang resigniert jeder. Letztlich hat der Staat, in erster Linie mit der Agenda 2010, die Armut verfestigt und auch der flächendeckende Verkauf von Kommunalwohnungen haben es für arme, arbeitslose, verschuldete usw. Menschen, die Möglichkeit der Obdachlosigkeit zu einer realen Gefahr gemacht. Das war unnötig und erst in den letzten Jahren setzt ein Umdenken in der Wohnungsbaupolitik ein und das Thema Obdachlosigkeit rückt langsam wieder mehr ins Bewusstsein der Politik, auch dank der EU.
Es darf sich bei der Vermittlung von menschenwürdigen Wohnraum an wohnungs- oder obdachlosen Menschen nicht die Frage nach der „Schuld“ stellen. Wohnraum muss es ohne Vorbedingung geben, denn nur so kann ein Großteil der Obdachlosen ihre Probleme anfangen zu lösen. Housing First muss her und nicht dieser bisherige Ansatz der von Obdachlosen verlangt, dass sie erst ihre Probleme lösen und am Ende vielleicht eine Wohnung winkt.