Ist es ethisch vertretbar den Konsum von Cannabis für Genusszwecke zu legalisieren?

Die seit Jahren umstrittene Legalisierung von Cannabis in Deutschland kommt. „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein“, schreiben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag. Dadurch werde die „Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“, heißt es.

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/cannabis-legalisierung-ampel-100.html

“Cannabis“- während die einen es als gesundheitsschädliche Einstiegsdroge verteufeln, loben andere das aus Hanf-Pflanzen hergestellte Rauschmittel als wohltuend und entspannend in den höchsten Tönen. So ist es nicht verwunderlich, dass es seit langen andauernden Diskussionen rund um das Thema Cannabis gegeben hat. In den letzten Jahren wurden die Stimmen, welche die Legalisierung von Cannabis in Deutschland befürworten, immer zahlreicher. Nun hat die amtierende Regierung in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften zu legalisieren. Die Regierung führt einige Gründe für die Legalisierung an. Einer davon ist der Versuch damit den Schwarzmarkt auszutrocknen, um unter anderem den oft verunreinigten Stoff aus dem Verkehr zu ziehen. Der Kinder- und Jugendschutz spielt hierbei eine wichtige Rolle, da den Jugendlichen so der unkontrollierte Zugang zu der Droge verwehrt würde. Im Gegenzug warnt der Deutsche Ärztetag davor, Cannabis zu legalisieren und führt dafür ebenfalls den Kinder- und Jugendschutz an. Er schreibt: „Die Legalisierung verharmlost (…) die gesundheitlichen Gefahren, negativen Folgen und Langzeiteffekte des Cannabiskonsums für Kinder und Jugendliche“. Auf den ersten Blick, scheinen die Positionen paradox. Aufgrund dieser kontroversen Meinungen habe ich mich dazu entschieden, das Thema genauer zu betrachten. Durch die Auseinandersetzung mit den Pro- und Contra Argumenten hoffe ich anschließend auf Grundlage dessen ein fundiertes Fazit ziehen zu können, ob es ethisch vertretbar ist, den Konsum von Cannabis für Genusszecken zu legalisieren.

Zunächst ist es wichtig die noch aktuelle Gesetzes-Lage von Besitz und Konsum dieser Droge anzuschauen.“ In Deutschland zählen „Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen (…) gemäß § 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) (…) zu den nicht verkehrsfähigen Stoffen. Ohne Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind Anbau, Herstellung, Handel, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, sonstige Inverkehrbringung, Erwerb und Besitz von allen Pflanzenteilen des Cannabis nach §§ 29 ff. BtMG strafbar.“ Im Jahr 2020 wurden 220.414 Rauschgiftdelikte in Verbindung mit Cannabis registriert. Eine sehr hohe Anzahl, die die Ampelkoalition mitunter als Fakt für die Argumente zur Legalisierung von Cannabis anführt.

Entlastung von Staat und Justiz

Einen großen Vorteil, den die Bundesregierung in der Legalisierung sieht, ist eine Entlastung des Staates und vor allem der Justiz. Wie oben bereits erwähnt, sind die Zahlen der Strafdelikte in Bezug auf Cannabis hoch. Den enormen Kosten-, Zeit- und Arbeiteraufwand, der für Polizei-Einsätze, Strafvollzug und Gerichtsverfahren einher geht, könnte man durch ein neues Gesetz minimieren und die gesparten Ressourcen anderweitig einsetzen. Dadurch könnten nicht nur Kosten verringert, sondern sogar Profit generiert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Wie auch auf andere Rauschmittel, wie etwa Tabak oder Alkohol, würden auf Cannabis-Produkte Steuern erlassen werden. Darüber hinaus könnten neue Arbeitsplätze im Anbau, Handel und Vertrieb entstehen. Bezieht man all diese Faktoren mit ein, könnte man laut dem Hanfverband mit Einnahmen in Höhe von 4,7 Milliarden Euro pro Jahr für den Staat einkalkulieren. Diese errechneten Daten stammen vom „Düsseldorf Institute for Economics“, die diese basierend auf einer Studie im Auftrag des Hanfverbands aus dem Jahr 2018 unternommen hat. Wenn Personen auf legalem, kontrolliertem Weg Cannabis anbauen und verkaufen würden, würde dieses Milliardengeschäft, was bisher im Untergrund läuft, mit in den Staat eingebunden werden können. Vorschläge wie man die entstehenden Steuern einsetzten könnte, waren beispielsweise Präventionsarbeit gegen den Missbrauch von Cannabis zu leisten.

Experten vom deutschen Ärztetag prophezeien dagegen eher einen steigenden Aufwand und damit verbundene Kosten für den Staat voraus. Die Gelder, die durch die Legalisierung hinzukommen, könnten durch steigende medizinische Versorgungskosten wieder zunichtewerden. Er warnte vor allem vor den möglichen Risiken für die Gesundheit der Konsumenten. Es gibt Hinweise aus anderen Ländern, dass es durch die Legalisierung von Cannabis, einen Anstieg des Konsums und damit einhergehend einen Anstieg medizinischer Notfälle gegeben hat. Auch zeige sich in diesen Ländern ein erhöhter psychiatrischer Behandlungsbedarf. Ebenfalls sei mit einem Anstieg cannabisbedingter tödlicher Verkehrsunfälle und Suizide zu rechnen. Dazu kommt, dass die Präventionsarbeit noch wichtiger wird, da es vor allem für junge Menschen negative Folgen haben kann, wenn sie mit dem Cannabiskonsum beginnen und oft ein sozialer Abstieg damit einher geht. Die erwünschte Wirkung von Entspannung und einer gewissen Trägheit ist ein zweischneidiges Schwert. Oft leidet die Konzentration und die schulischen Leistungen und als Konsequenz daraus resultieren schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Stilllegen des Schwarzmarktes

Ein weiteres wichtiges Argument der Politik Cannabis zu legalisieren, ist der Versuch den Schwarzmarkt stillzulegen. Schätzungen zufolge liegt der illegale Umsatz durch das Rauschmittel bei ca. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr, was mehr ist als beispielsweise die Musikbranche in Deutschland im gleichen Zeitraum umsetzt. Obwohl der Markt so immens ist, ist der Verbraucherschutz der Konsumenten nicht gegeben. Die Qualität des Cannabis ist durch Streckmittel und Verunreinigungen mangelhaft. Der Zugang für Jugendliche ist sehr leicht, da es keine staatliche Alterskontrolle oder Regulationen gibt und somit der Kinder- und Jugendschutz nicht gewährleistet ist. Die fehlende Rechtssicherheit führt beim Kauf zu Gefahr von Raub, Betrug und Selbstjustiz. Kriminelle Organisationen mit höherem Gewaltpotential können sich durchsetzen und größere Marktanteile sichern. Sie dominieren den Schwarzmarkt. Wie oben bereits erwähnt sind hohe Kosten für Strafverfolgung, Justiz plus die volkswirtschaftlichen Schäden durch Inhaftierungen und Berufsverluste impliziert. Aus diesen Gründen will der Staat versuchen, den Schwarzmarkt durch eine Legalisierung stillzulegen. Durch den kontrollierten Verkauf mit vorgegebenen Qualitätsstandards würde sich der Konsum regulieren lassen und weg vom Schwarzmarkt, hin zum Verkauf von legalen und hochwertigen Produkten verschieben lassen.

Über ein effektives Verdrängen des Schwarzmarktes aufgrund einer Legalisierung lässt sich jedoch nur spekulieren. Einige Experten vertreten die Meinung, dass es sehr unrealistisch sei. Im Vergleich zu dem schon heute zu medizinischen Zwecken legal vertriebene Cannabis, kostet das Rauschmittel, was man auf dem Schwarzmarkt erhält halb so viel. Auch wenn man Cannabis auf legalem Weg mit Qualitätsgarantie erwerben können wird, bei dem auch der Rechtsschutz gewährleistet ist, wird der Schwarzmarkt, der ohne Besteuerung immer eine billigere und unkompliziertere Möglichkeit bietet, nicht aussterben. Es wird immer einen Teil der Bevölkerung geben, dem der geringere Preis kurzfristig wichtiger ist, als Qualität und Verbrauchersicherheit.

Gesundheit- Cannabis vs. Alkohol

Nun zum letzten, aber für mich wichtigsten Aspekt: Cannabis im Zusammenhang mit unserer Gesundheit und vor allem der von Kindern und Jugendlichen. Um besser darstellen zu können inwieweit Cannabis schädlich oder harmlos für uns ist, ziehe ich einen Vergleich mit einem gesellschaftlich akzeptierten Rauschmittel: Alkohol. In diesem Vergleich werde ich die medizinisch sinnvolle Anwendung von Cannabis außenvorlassen, da Cannabis wie allgemein bekannt für diese Zwecke bereits zugelassen ist.

Generell haben beide Drogen in den meisten Fällen eine erwünschte entspannende Wirkung auf unseren Körper ohne gravierende Folgen, jedoch kann es bei regelmäßigem bzw. exzessivem Konsum zu diesen Folgen kommen. Längerfristig kann Cannabis einen starken Einfluss auf unsere Psyche haben und zum Beispiel zu Depressionen, Unruhe und irrationalen Ängsten führen. Auch sind Wahnvorstellungen, Panikreaktionen und Verwirrtheit mit Verfolgungsfantasien möglich. Cannabis kann außerdem das Arbeits- und Kurzzeitgedächtnis beeinflussen. Nach exzessiven Alkoholkonsum dagegen, treten unmittelbar Benommenheit und Müdigkeit auf, bei hohen Mengen Alkohol kann das in Bewusstlosigkeit oder Koma enden. Generell ist Alkohol ein Zellgift, dass Zellen und Gewebe direkt schädigt.

Derzeit ist kein bestätigter Todesfall durch Cannabis-Konsum registriert. Unvollständige Tierstudien aus den 70ern legen nahe, dass selbst massive Cannabisdosierungen nicht tödlich verlaufen. Eine Alkoholvergiftung kann den Hirnstamm, der für unsere Atmung und weitere Prozesse im Körper zuständig ist so stark beeinträchtigen, dass die Atmung aussetzt. Man kann Todesfälle in Zusammenhang mit Alkohol mit Zahlen belegen. Schätzungsweise 74.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen von Alkoholkonsum. Auch wenn Cannabis im Vergleich zu Alkohol harmlos klingt, darf man die Auswirkungen vor allem in Bezug auf Kinder und Jugendliche nicht unterschätzen. Gerade für Jüngere birgt der Cannabis Konsum Gefahren, da die Reifung des zentralen Nervensystems geschädigt wird. Je früher, häufiger und intensiver es konsumiert wird, desto höher ist das Risiko, das gerade vorbelastete Menschen, an einer Psychose oder Schizophrenie erkranken. Der Konsum von Cannabis hat also vor allem mit so hochprozentigen THC- Werten, wie es heute in Cannabis Produkten vorkommt sehr wohl negative Auswirkungen auf unseren Körper. Dennoch muss man sagen, dass qualitativ hochwertiger Cannabis definitiv besser und “gesünder“ für den Körper ist, als verunreinigtes und mit Zusatzstoffen gestreckter Cannabis.   

Fazit

Wenn ich abschließend beide Seiten mit dem Hintergrundwissen betrachte, fällt es mir schwer ein eindeutiges Fazit darüber zu ziehen, ob es ethisch vertretbar ist, den Konsum von Cannabis für Genusszwecke zuzulassen. Der Grund hierfür ist schlichtweg der, dass hinter dem Gedanken der Legalisierung so viel mehr steckt, als der reine Genusszweck. Ginge es nur darum hätte ich mich mit voller Überzeugung gegen eine Legalisierung ausgesprochen. Die Politik möchte die Legalisierung in erster Linie aber als Schutzmaßnahme, Eindämmung des Schwarzmarktes und zusätzlichen Steuereinnahmen nutzen. Den Hintergedanken den die Ampelkoalition hinter dem Ganzen hat, finde ich sehr gut, ich bezweifle jedoch, dass das Vorhaben die Vorteile bringt, die sich die Regierung erhofft. Eine Legalisierung übergibt die Verantwortung an unsere Gesellschaft, dass sie einen bewussten Umgang mit Cannabis findet. Der Großteil der Gesellschaft würde diesen auch finden, aber ein kleiner Teil der Gesellschaft eben nicht. Er wird diese Legalisierung ausnutzen und die Freiheit missbrauchen. Auch sehe ich eine große Gefahr, dass Kindern und Jugendlichen der richtige Umgang mit Cannabis nicht gelingt und es zu einer großen Belastung des Gesundheitssystems kommt. Zuletzt bin ich ebenfalls davon überzeugt, dass man den Schwarzmarkt in dieser Hinsicht nicht austrocknen kann, denn das billige Cannabis bleibt für viele attraktiv oder wird von härteren Drogen ersetzt, wie beispielsweise in Holland zu sehen ist. Zusammengefasst bin ich also der Meinung, dass es eine Idee mit guten Intensionen ist, in der Praxis aber kaum umsetzbar ist und eher die bestehenden Probleme potenzieren wird.

Quellen:

https://bnn.de/mittelbaden/baden-baden/cannabis-legalisierung-schwarzmarkt-staatsanwalt-zweifel-nutzen-rauschgift-abhaengigkeit-jugendliche-gesetz

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/cannabis-legalisierung-ampel-100.html

https://hanfverband.de/faq/welche-folgen-hat-der-schwarzmarkthandel-von-cannabis

https://www.handelsblatt.com/technik/medizin/marihuana-fuer-den-freizeitkonsum-ampelkoalition-will-cannabis-fuer-erwachsene-legalisieren-die-wichtigsten-fragen-und-antworten/27815016.html?ticket=ST-8915977-7l5uEqOlB3EFsBZTsPfo-cas01.example.org

https://www.jumpradio.de/thema/debatte-um-legalisierung-von-cannabis-100.html

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/soviel-kosten-illegale-drogen-den-staat-li.54215

https://web.de/magazine/wirtschaft/wirtschaftsfaktor-cannabis-gras-geld-verdienen-33032880

https://www.quarks.de/gesundheit/drogen/alkohol-gegen-cannabis-was-ist-schaedlicher/

https://www.aktionswoche-alkohol.de/presse/fakten-mythen/zahlen-und-fakten/

Zitat „DÄT:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/128670/Aerzteschaft-warnt-vor-Legalisierung-von-Cannabis

Zitat Gesetzeslage Deutschland:

https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtslage_von_Cannabis

Videos zum Thema

https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/wie-wirkt-thc-im-gehirn-creative-commons-100.html

https://www.facebook.com/watch/?ref=external&v=452260835267552

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