faire Preise für gute Lebensmittel?

„Die großen Player dürfen nicht mehr länger die Preise diktieren und Margen optimieren“, Zitat Cem Özdemir im Interview mit dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) https://www.welt.de/politik/deutschland/article235953004/Oezdemir-will-verbieten-Lebensmittel-unter-Produktionspreis-zu-verkaufen.html

Das Zitat stammt von dem neuen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir als Erklärung für sein Vorhaben ein Verbot in die Wege zu leiten, welches den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Produktionspreis verbietet.

Zur Zeit ist es dem Einzelhandel möglich eine beliebig hohe Gewinnspanne, oder wie Özdemir sagt „Marge“, auf den Einkaufspreis aufzuschlagen. Durch geschicktes Verhandeln und den Einkauf von großen Mengen, schaffen sie es den Einkaufswert oft unter den Produktinonswert zu drücken. Vor allem bei Lebensmitteln können die Produzenten, unsere Landwirte, nicht so schnell auf eine sich änderende Nachfrage reagieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Produktion von Milch. Um die Milchmenge je nach Nachfrage zu drosseln oder zu erhöhen, benötigt ein Landwirt Monate oder Jahre um seinen Viehbestand anzupassen. Produzierte Milch muss nach spätestens zwei Tagen von einer Molkerei abgeholt und verarbeitet werden, der Landwirt weiss zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu welchem Preis er die Milch verkaufen muss.

Ähnlich verhält es sich mit der Fleischproduktion, bis ein Rind schlachtreif ist, dauert es ca. zwei Jahre. Bei Schweinen ist es ca. ein halbes Jahr bis zur Schlachtreife. Der Preis zu welchem das Tier am Ende verkauft werden kann, hängt von der Nachfrage auf dem Markt zum Zeitpunkt des Verkaufs ab, die Preise sind also immer tagesaktuell. Ob ein Gewinn oder Verlust entsteht weiss der Landwirt erst nach der Abgabe des Tieres an einen Händler.

Auch bei der Getreideproduktion muss der Landwirt in die Zukunft schauend planen. Um einen möglichst hohen Ertrag aus den bewirtschafteten Flächen zu erreichen, ist eine Planung von mindestens einem Jahr im Voraus erforderlich. Äußere Faktoren wie zum Beispiel das Wetter oder Weltmarktpreise für Getreide kann er dabei nicht vorhersehen. Erst nach der Ernte sieht er, ob er kostendeckend wirtschaften konnte.

Es gibt noch viele weitere Beispiele wie die Obst und Gemüseproduktion oder den Weinbau, ich werde im weiteren aber den Fokus auf die Milchvermarktung legen.

In Baden Württemberg ist es für Landwirte nur möglich ihre Milch an zehn verschiedene Molkereien zu liefern. Hinzu kommt dabei noch, dass nur Molkereien die in erreichbarer Nähe zum Produzenten sind, die Milch abnehmen werden. Die Auswahl ist dadurch auf nur zwei bis drei potentielle Abnehmer beschränkt. Der Produktionspreis von Milch liegt bei ca. 41 bis 45ct pro Liter (laut Bundeslandwirtschaftsministerium 2020). Ein Landwirt bekam 2020 pro Liter im Duchschnitt 37,77ct (Hohenloher Molkerei) ausbezahlt. Das bedeutet er verkaufte sein Produkt ca. acht ct/Liter unter seinen Produktionskosten. Da die Milch, wie oben bereits erwähnt, schnell verarbeitet werden muss, hat er keine andere Wahl, als sie für diesen Preis zu verkaufen.

Die Molkereien müssen für die Verarbeitung noch ca. 8,3ct/Liter berechnen. Hieraus ergibt sich momentan dann ein Preis von mind. 46,47ct/Liter ( Auszahlung an den Landwirt plus Verarbeitung Molkerei), zu welchem die Molkerei an den Einzelhandel verkaufen muss, um annähernd kostendeckend zu arbeiten. Zu welchem Preis tatsächlich verkauft wird, wird nicht öffentlich bekannt gegeben.

Im Discounter wird die verarbeitete Milch pro Liter momentan dann für ca. 79ct angeboten, (bei Kaufland sind es 89ct/Liter). Daraus ergibt sich ein Überschuss von ca. 32,53ct/Liter für den Einzelhandel. Würden die Läden einen fairen Preis von mindestens 53,36ct/Liter an die Molkereien zahlen, damit diese einen kostendeckenden Preis an die Landwirte auszahlen könnten, würde sich ihr Überschuss auf ca. 25,64ct/Liter reduzieren.

Cem Özdemirs Forderung an den Einzelhandel Lebensmittel zu einem für die Landwirtschaft produktionskostendeckendenden Preis einzukaufen, hätte zur Folge, dass die Preise für Lebensmittel in den Geschäften ansteigen. Das liegt vor allem daran, dass die Einzelhändler nicht auf Überschuss und Gewinn verzichten werden.

Für uns als Endverbaucher stellt sich nun also die Frage, ob wir in Zukunft bereit wären, die höheren Preise für gute, regionale Lebensmittel zu bezahlen.

Kritiker an Özdemirs Forderung sind der Meinung, dass Lebensmittel dadurch zu Luxusartikeln werden würden, die sich nicht jeder leisten könnte. Kaufland beispielsweise rechtfertigt seine Preise mit Angebot und Nachfage sowie dem Wettbewerb untereinander. Aldi begründet seine Preise durch den Einkauf von Waren in großen Mengen (Dumpingpreise?), sowie „schlanke Strukturen“ in ihren Läden. ( siehe https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/aldi-kontert-cem-oezdemir-streit-um-ramschpreise-17705428.html ).

Fazit

Es lässt sich nun also sagen, dass die Forderung von Özdemir für die Bauern positive Konzequenzen hätte, da sie ihre anfallenden Produktionskosten in jedem Fall bezahlt bekommen würden. In Folge dessen würde es sich postiv auf das Tierwohl auswirken, da mehr Geld beim Landwirt ankommt, um beispielsweise veraltete Ställe zu renovieren. Wir Verbraucher allerdings müssten tiefer in die Tasche greifen beim Kauf von Milch, Fleisch ,… . Jeder muss also für sich selbst entscheiden, ob es ihm Wert ist, mehr dafür zu zahlen, damit auch die Landwirte von ihrer Arbeit leben können.

  • Wie steht ihr zu Özdemirs Vorhaben, seid ihr dafür oder dagegen?
  • Währt ihr in Zukunft bereit mehr Geld für Lebensmittel auszugeben? -> Schreibt gerne eure Meinung in die Kommentare

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Quellen

https://www.welt.de/politik/deutschland/article235953004/Oezdemir-will-verbieten-Lebensmittel-unter-Produktionspreis-zu-verkaufen.html

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/aldi-kontert-cem-oezdemir-streit-um-ramschpreise-17705428.html

https://www.agrarheute.com/sites/default/files/media/641416/641416_0.pdf

alle Quellen abgerufen am 01.01.2022

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